Presse: Bischöfe für Absetzung des Radio-Maryja-Chefs

Tage gezählt?

Dem wegen antisemitischer Äußerungen in die Kritik geratenen Leiter des polnischen Kirchenradios "Radio Maryja", Pater Tadeusz Rydzyk (62), droht nach polnischen Presseberichten die Absetzung. Die Mehrheit der Mitglieder der Polnischen Bischofskonferenz wolle den Vatikan um die Abberufung des Senderchefs bitten, berichtete die Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" am Wochenende unter Berufung auf den ehemaligen Generalsekretär des Episkopats, Bischof Tadeusz Pieronek.

 (DR)

Nach Einschätzung der Zeitung "Rzeczpospolita" könnte die am Donnerstag veröffentlichte Presseerklärung des Vatikan zu einer Begegnung zwischen Papst Benedikt XVI. und Rydzyk die Absetzung beschleunigen. Rydzyk war vor einer Woche am Rande des traditionellen Angelusgebets in Castelgandolfo kurz mit Papst Benedikt XVI. zusammengetroffen. Nach heftiger jüdischer Kritik stellte der Vatikan anschließend klar, dass es "keinerlei Veränderung in der gut bekannten Haltung des Heiligen Stuhls hinsichtlich der Beziehungen zwischen Katholiken und Juden" gebe.

Einige polnische Bischöfe bereiteten bereits einen informellen Antrag an den Vatikan vor, sagte Senator Jaroslaw Gowin von der oppositionellen Bürgerplattform (PO) der "Rzeczpospolita". Die Bischöfe können den umstrittenen Ordensmann selbst nicht absetzen. Die Senderlizenz gehört der Warschauer Provinz von Rydzyks Redemptoristenorden, der direkt dem Vatikan untersteht.
Mit über einer Million Hörern ist der regierungsnahe Kirchensender das fünftgrößte Hörfunkprogramm Polens.

Der Danziger Erzbischof Tadeusz Goclowski sagte der "Rzeczpospolita", die Äußerungen Rydzyks verletzten die gute Atmosphäre im katholisch-jüdischen Dialog. "Die Sache muss man so lösen, dass man dabei nicht das Gute vernichtet, das es bei Radio Maryja gibt und das durch das schlechte Verhalten seines Gründers kaputt gemacht wird."

Die Polnische Bischofskonferenz wird sich am 25. August in Tschenstochau mit dem "Fall Rydzyk" befassen. Goclowski gab keine Prognose ab, welche Position die Diözesanbischöfe einnehmen werden. "Das Problem ist, dass es manchen Bischöfen schwer fällt, das unbestrittene Gute, das Radio Maryja tut, von der Gefahr zu unterscheiden, die in der Einmischung in das politische Geschäft steckt", so der Erzbischof im Interview der "Gazeta Wyborcza".
Ein katholischer Sender dürfe keine Partei unterstützen.

Rydzyk soll bei einer Hochschulvorlesung Staatspräsident Lech Kaczynski als "Betrüger, der sich der jüdischen Lobby fügt", beschimpft haben. Tonaufnahmen zufolge sagte der Ordensmann weiter, die Juden wollten sich von Polen wegen des Judenpogroms in Jedwabne, bei dem 1941 mehrere hundert Juden ermordet wurden,
65 Milliarden Dollar erschleichen. Über die Frau des Staatspräsidenten, Maria Kaczynska, sagte Rydzyk den Berichten zufolge, sie müsse der Euthanasie zugeführt werden, weil sie gegen eine Verschärfung des Abtreibungsrechts sei. Die Staatsanwaltschaft prüft gegenwärtig, ob die dem Pater zugeschriebenen Aussagen authentisch sind und es sich bei ihnen um eine Straftat handelt.