Vatikan: Rydzyk-Besuch beim Papst hat keine Auswirkungen

Zweifelhafte Audienz?

Nach heftiger jüdischer Kritik hat der Vatikan klar gestellt, dass es "keinerlei Veränderung in der gut bekannten Haltung des Heiligen Stuhls hinsichtlich der Beziehungen zwischen Katholiken und Juden" gebe. Hintergrund der am Donnerstag veröffentlichten Erklärung des vatikanischen Presseamts ist eine kurze Begegnung des umstrittenen polnischen "Radio Maryja"-Chefs Tadeusz Rydzyk mit Papst Benedikt XVI.

 (DR)

Der Ordensmann steht wegen angeblicher antisemitischer Äußerungen in der Kritik. Rydzyk war am Rande des traditionellen Angelusgebets in Castelgandolfo am Sonntag kurz mit Benedikt XVI. zusammengetroffen. Nach Darstellung polnischer Medien bat er den Papst dabei um den Segen für "Radio Maryja". Die von polnischen Medien als "Privataudienz" interpretierte Begegnung gemeinsam mit anderen Besuchern bezeichnete der Vatikan ausdrücklich nur als "baciamano" (Handkuss).

Jüdische Gemeinde: Vatikan fehlt Distanz
Der Präsident der jüdischen Gemeinde Roms warf dem Vatikan mangelnde Distanz zu "Radio Maryja" vor. Die Begegnung Rydzyks mit dem Papst sei eine "implizite Bürgschaft für den traditionalistischen Katholizismus" in Polen, sagte Leone Paserman im Interview der Tageszeitung "La Stampa" (Donnerstag).

Nach Signalen einer Öffnung gegenüber dem Judentum zu Beginn des Pontifikats folge man jetzt "deutlich integralistischen Positionen". Anscheinend gehe es darum, die Unterstützer Rydzyks in der Kirche zu halten.

Paserman sagte, "Radio Maryja" sei ein Sender mit einem "Ansatz aus den 30er Jahren: ausgeprägt nationalistisch, populistisch und antisemitisch". In Polen beobachte er Versuche, die Uhren zurückzudrehen. Er hoffe, dass es sich bei der Begegnung in Castelgandolfo nur um einen Fehltritt handele, so der Leiter der größten jüdischen Gemeinde in Italien.

Europäischer Jüdischer Kongress empört
Auch der Europäische Jüdische Kongress (EJC) hatte Benedikt XVI. scharf kritisiert. Das Vertretungsgremium jüdischer Organisationen in Europa äußerte sich "geschockt" und "erstaunt" über die vermeintliche "Privataudienz" des Kirchenoberhaupts für den polnischen Redemptoristenpater. Der Papst habe in seiner Sommerresidenz einem Mann und einer Institution seinen Segen gegeben, die das Bild der polnischen Kirche mit antisemitischen Äußerungen befleckt hätten. Das israelische Massenblatt "Jedijot Achronot" titelte: "Der Papst gab antisemitischem Priester den Segen".