Christkindpostfiliale beantwortet Briefe an das Christkind

"Man merkt einen Trend zu den immateriellen Wünschen"

Seit 28 Jahren arbeitet Birgit Müller in der Christkindpostfiliale in Engelskirchen. Die Wünsche der Kinder haben sich in dieser Zeit stark geändert, sagt sie. Vor allem immaterielle Wünsche liegen gerade im Trend – allen voran der Klimaschutz.

Ein Brief an das Christkind / © Johannes Neudecker (dpa)
Ein Brief an das Christkind / © Johannes Neudecker ( dpa )

DOMRADIO.DE: Jetzt gerade sind wir in dieser Zeit der Vorfreude und bereiten uns auf das Fest vor. Insbesondere viele Kinder tun das, indem sie ihre Wunschzettel ans Christkind schreiben. In Engelskirchen, hier ganz in der Nähe von Köln, kommen solche Zettel und Briefe auch tatsächlich beim Christkind an. Da arbeiten nämlich viele fleißige Helfer daran, alle Briefe wirklich zu lesen und auch zu beantworten. Geschrieben werden sie an die Christkindpostfiliale Engelskirchen – und dort in dieser Filiale sitzt auch Birgit Müller. Wie viele Briefe haben Sie in den letzten Tagen und Wochen schon gelesen?

Birgit Müller (Mitarbeiterin in der Christkindpostfiliale in Engelskirchen): Wir hatten vor Kurzem den fünfzigtausendsten Brief. Und es werden noch jede Menge werden. Die vorigen Jahre hatten wir immer so rund hundertdreißigtausend Anschriften, die wir dann beantwortet haben. Diesmal wird es auch so sein, wenn nicht noch mehr.

DOMRADIO.DE: Das stelle ich mir unglaublich vor, das mit 15 Leuten zu stemmen. Wie macht man das?

Müller: Arbeiten! Wir sind 16 Helfer und Helferinnen, und teilweise ganztags beschäftigt, stundenweise, halbtags, je nach Arbeitsaufkommen. Im Moment ist es wirklich richtig viel. Und wir sind eigentlich von morgens bis abends im Einsatz.

DOMRADIO.DE: Was passiert denn, wenn ich Ihnen als Kind oder als Erwachsener einen Brief schreibe?

Müller: Wir bekommen jeden Morgen jede Menge Postschwingen (Postbehälter) voller toller Zuschriften, und wir machen uns dann direkt darüber her. Wir öffnen die Briefe und lesen sie. Das macht unglaublich viel Spaß. Wir lachen viel, aber es wird auch mal ein Tränchen vergossen. Es ist immer wieder toll, wenn man sieht, mit was für einer Begeisterung die Kinder dabei sind, die Briefe zu schreiben, zu bemalen, zu bekleben, mit Glitter und Glimmer zu versehen. Kleine Bastelbeigaben wie kleine Sternchen oder auch mal Tee für das Christkind, damit die Nervenstärke beibehalten wird, werden hinzugefügt.

Wir lesen wirklich jeden einzelnen Brief, und die darin aufgeführten Adressen werden halt auch berücksichtigt. Zum Beispiel schreibt eine Oma für ihre Enkelkinder, die doch unbedingt einen Christkindbrief brauchen, weil sie sich fragt, ob die Kinder noch ans Christkind glauben. Aber wenn Sie einen Brief bekommen, dann ist es garantiert.

DOMRADIO.DE: Sie sind dienstälteste Mitarbeiterin. Seit 28 Jahren sind Sie schon dabei. Inwiefern haben sich denn die Wünsche oder das, was in den Briefen steht, in der Zeit verändert?

Müller: Als ich anfing vor 28 Jahren, war ich ein bisschen erschüttert. Man hatte den Eindruck, es wird nicht mehr gespielt wie früher und eigentlich nur noch gesammelt - Bildchen, Pokémon. Hinterher kam dann der Gameboy. Es wurde fast alles digitalisiert. Man hatte den Eindruck: Wo ist das ganze Spielzeug? Puppen, Autos, Schlittschuhe, Schlitten - all diese Dinge waren für eine ganze Zeit lang gar nicht mehr aktuell. Aber das hat sich ganz stark geändert. Es wird wieder mehr gespielt denn je. Puppen mit allem Zubehör und Kaufladen und Kochgeschirr und Baukräne, auch Lego, Autos, ferngesteuerte Autos - natürlich sind Handys weiterhin auf dem Plan - aber es wird wieder mehr aktiv gespielt.

Aber man merkt auch einen ganz deutlichen Trend zu den immateriellen Wünschen, dass die Freundin gesund wird, dass Oma und Opa gesund bleiben, dass der Papa die Arbeit behält. Aber es gibt auch Wünsche für andere. Allen voran ist jetzt die Umwelt das Thema überhaupt. Die Kinder sind sehr, sehr weltoffen. Die nehmen wirklich an dem ganzen Geschehen teil, machen sich Gedanken und bringen das zu Papier. Aber nicht nur mit der Bitte: "Ach, liebes Christkind, hilf, dass die Umwelt wieder in Ordnung kommt", sondern die machen auch wirklich ihre Vorschläge, was sie oder alle dazu beitragen könnten.

DOMRADIO.DE: Sie bekommen aber nicht bloß aus Deutschland Zuschriften, die kommen aus der ganzen Welt - aus China, Japan, Taiwan, Chile, Brasilien. Wie gehen Sie damit um? Sie können ja wahrscheinlich nicht 200 verschiedene Sprachen sprechen.

Müller: 200 nicht, aber schon eine Menge. Wir beantworten in verschiedenen Sprachen. Auch die Briefe, die mit Schriftzeichen hier ankommen, zum Beispiel aus China, Taiwan, Hongkong. Und auch Briefe auf Englisch, Russisch, Tschechisch, Französisch, Italienisch, Spanisch beantworten wir in der jeweiligen Sprache.

DOMRADIO.DE: Jetzt sagen Sie mir noch: Was muss ich genau machen? Was muss ich auf den Brief schreiben, dass der Wunschzettel tatsächlich ankommt beim Christkind?

Müller: Der Brief geht an das Christkind in 51777 Engelskirchen. Wenn da nur "Ans Christkind" steht, wird der auch nach Engelskirchen weitergeleitet, das ist nicht das Thema. Aber damit das Kind überhaupt eine Antwort bekommt, ist es ganz, ganz wichtig, die Adresse deutlich zu schreiben. Es ist manchmal sehr traurig, dann bekommen wir die tollsten Briefe und dann hat das Kind keine Adresse angegeben. Da weiß das Christkind dann auch keinen Rat mehr.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR
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