Wallfahrt-Advent in Maria Alm

Stille Tage in den Bergen

Stille Tage im Advent – das scheint richtig kostbar zu sein. Und man muss sich schon ziemlich auf den Weg machen, um sie zu finden. Hoch oben in den Bergen aber gibt es sie. Im Wallfahrtsort Maria Alm zum Beispiel. Auf 800 Meter Höhe liegt der kleine Ort, umrahmt von der Felskulisse des Hochkönigs. Eigentlich ist der Ort ein beliebter Wintersportort, aber die Skisaison beginnt erst mit den Weihnachtsferien. Vor Weihnachten  lädt Maria Alm zum Wallfahrts-Advent ein. Eine Gelegenheit für stille Tage, aber auch, um die Menschen dort mit ihren Bräuchen kennenzulernen.

Wallfahrtskirche Maria Alm im Advent / © Hochkönig Tourismus
Wallfahrtskirche Maria Alm im Advent / © Hochkönig Tourismus

Ein Sonntag im Advent in Maria Alm. Die Mittagsglocke der alten Wallfahrtskirche klingt über den stillen Ort, der Friedhof rundum ist im Schnee versunken, nur die schwarzen schmiedeeisernen Kreuze ragen heraus und die roten Grablichter. Die Wintersonne, die bald wieder hinter den Bergkuppen der Grasberge verschwinden wird, wärmt ein wenig. Die Menschen im Ort scheinen den Tag und das Dorf noch ganz für sich zu haben, die Skifahrer kommen erst ab den Weihnachtstagen.

Wallfahrt seit dem Mittelalter

Seit dem Mittelalter ist Maria Alm ein Wallfahrtsort, der Legende nach wurde einst ein Förster oder Holzfäller von einem Bär gerissen, Freunde beteten an der Unglückstelle. Ein Marienbild wurde aufgehängt, eine Wallfahrt wurde daraus und dafür eine Kapelle gebaut. Um 1600 übertrug man dann das Gnadenbild in die Pfarrkirche von Maria Alm – der Beginn der Wallfahrt hier.

Das alles erzählt Jean Ware, eine Engländerin, die mit ihrem Mann in Maria Alm hängen blieb. Früher kamen beide zum Skifahren, jetzt bietet sie Ortsführungen und Schneeschuhgänge an, im Sommer Orchideenwanderungen. Ganz angetan ist sie von der spätgotischen Kirche mit ihrem hohen spitzen Turm (dem höchsten im Salzburger Land), obwohl ihr der Barock, mit dem die Kirche innen ausgestattet ist, von zu Hause nicht vertraut ist. Das Gnadenbild aus dem Mittelalter gibt es nur noch als Kopie, umso beeindruckender ist das reiche Schnitzwerk der Altäre einheimischer Künstler, wie die Madonna am Hochaltar. Jeane Ware weist auf die sieben Stufen, auf denen die Madonna thront, umrahmt von den Strahlen der Sonne – Zitate aus dem Beginn der Offenbarung des Johannes.

Labyrinth und Krippen

Sobald es dämmert, wandelt sich das Innere der Kirche, ein Künstler hat eine Lichtinstallation geschaffen, taucht die Altäre in rotes und violettes Licht. Der Weg hinaus aus der Kirche über den Friedhof führt an einem Labyrinth vorbei, das eigentlich in die Wiese eingelassen ist, jetzt aber nur durch die Fußstapfen im Schnee seine Konturen erkennen lässt. Jeden Samstagabend im Advent lockt ein Lichtermeer aus Kerzen, die in der Dunkelheit den Weg ins Zentrum des Labyrinths hell erleuchten.

Unweit der Kirche, im nahen Haus der Begegnung, sind Krippen ausgestellt. Vor allem Einheimische kommen her, um zu staunen. Schüler haben die Krippen gebaut. Ganz selbstverständlich ist das Teil des Unterrichts in der Schule. Roswitha Foch führt an diesem Sonntag durch die Ausstellung. Sie erzählt vom Xandi Schläfer, der über lange Jahre Schülern das Krippenbauen lehrte und ganz eigene Methoden entwickelte, Figuren aus Draht und Stoff zu bauen.

Früher, so Roswitha Foch, durften nur die Buben Krippen bauen, die Mädchen mussten stricken. Heute werkeln Buben und Mädchen minutiös alle Details bis hin zur kleinsten Schaufel aus Dosenblech. Im Stil sind alle Krippen ähnlich, eine alpenländische Hütte wird zur Herberge für Maria und Josef. Michael, Schüler, steht vor seiner eigenen Krippe und erzählt, dass sie daheim gar keinen Platz hat und er sie deshalb hier ausstellt. Xandi Schläfer ist längst gestorben, aber die Lehrer der Hauptschule unterrichten weiter seine Methode der Krippenbaukunst.

Anklöckeln und Bachlkochen

Brauchtum gerade im Advent und zu Weihnachten wie das Krippenbauen ist in Maria Alm und rundum am Hochkönig noch ganz selbstverständlich. So das Anklöckeln jeden Donnerstag im Advent, wenn Gruppen von Haus zu Haus ziehen. Oder das Räuchern in drei der zwölf Rauhnächten von Heilig Abend bis zum sechsten Januar, Zimmer und Ställe werden dann geräuchert und gesegnet. An Heilig Abend gehört das Bachlkochen dazu, eine schlichte Mehlsuppe wird bereitet, von der nichts übrig bleiben darf.

Schnaps der Vogelbeere

Derweil Roswitha Foch und andere Frauen in der Krippenausstellung über die Pflege des Brauchtums diskutieren, haben draußen auf dem kleinen Platz nahe der Kirche die robusten Holzhütten geöffnet. Es ist, in Kerzenlicht getaucht, der Adventmarkt von Maria Alm, der nur an den Adventwochenenden zur Dämmerung öffnet. Auch hier begegnet man vor allem den Einheimischen, die ihre Produkte verkaufen – oder sie genießen.

Landwirt Peter Burgschwaider ist mit seiner Familie gekommen und probiert fachkundig den Schnaps aus der Vogelbeere. Das sei der typische hier, denn nur die Vogelbeere wachse noch auf den Höhen der Grasberge hier. Allerdings würde der Schnaps meist nur für den Eigenbedarf gebrannt. So gibt es jetzt im Advent ein Stamperl für die Nachbarn, die beim „Vortragen“ hereinschauen. Ein Brauch, bei dem drei Marienbilder aus der Kirche im Advent täglich von Haus zu Haus weitergereicht werden, bis sie Heilig Abend wieder zur Pfarrkirche zurückkehren. Hier auf dem Adventmarkt hilft das Stamperl Schnaps vor allem gegen die Kälte.

Nahbei probiert Dirk aus dem Sauerland den Glühpunsch. Seit Jahren kommt er im Advent nach Maria Alm, sobald der erste Schnee auf die Pisten fällt, und er diesen dann noch ganz für sich hat. So haben auch die Hotels jetzt nur an den Wochenenden geöffnet. In den Tagen dazwischen haben die Einheimischen von Maria Alm den Advent ganz für sich, bevor sie dann ab den Weihnachtsferien die Gäste begrüßen, von denen die meisten wie Dirk schon seit Jahren kommen und vielleicht auch wie Jean für immer bleiben. (St.Q.)