Holzschnitzer in Bethlehem aktualisieren Weihnachtsgeschichte

Weihnachtskrippen mit Betonmauer

Wer in diesen Tagen in der Geburtskirche von Bethlehem dem Weihnachtsgeschehen vorfühlt, der kommt an dem großen Angebot traditioneller Holzkrippen nicht vorbei. Auf der Suche nach einem Exemplar für den Platz unter dem heimischen Tannenbaum stößt der Besucher mittlerweile auch auf jene unkonventionellen Krippenvariationen, mit denen die Holzschnitzer dem politischen Zeitgeschehen am Geburtsort Jesu Ausdruck verleihen: Es ist die acht Meter hohe israelische Schutzmauer, die das palästinensische Bethlehem vom Umland abgrenzt und nun auch so manches Krippenbild durchkreuzt.

Autor/in:
Simon Berninger
Olivenholzschnitzer Jack Giacaman (KNA)
Olivenholzschnitzer Jack Giacaman / ( KNA )

Wer in diesen Tagen in der Geburtskirche von Bethlehem dem Weihnachtsgeschehen vorfühlt, der kommt an dem großen Angebot traditioneller Holzkrippen nicht vorbei. Auf der Suche nach einem Exemplar für den Platz unter dem heimischen Tannenbaum stößt der Besucher mittlerweile auch auf jene unkonventionellen Krippenvariationen, mit denen die Holzschnitzer dem politischen Zeitgeschehen am Geburtsort Jesu Ausdruck verleihen: Es ist die acht Meter hohe israelische Schutzmauer, die das palästinensische Bethlehem vom Umland abgrenzt und nun auch so manches Krippenbild durchkreuzt.

«Heute müssten die drei Weisen aus dem Morgenland durch die hässliche Mauer, um hierher zu kommen», sagt Olivenholzschnitzer Jack Giacaman und zeigt auf einen seiner aktuellen Entwürfe. Zu sehen ist eine Mauer en miniature, die den Zugang zur Krippe versperrt. So ausgelagert und isoliert wie die hier dargestellte Heilige Familie fühlen sich Giacaman und die rund 26.000 Bürger Bethlehems schon seit 2003, als die israelische Regierung auf die zweite Intifada mit dem Bau eines Sperrwalls reagierte, die die Stadt vom israelischen Staatsgebiet abschneidet.

Selbst für die drei Weisen wäre die Mauer heute ein unschönes Hindernis auf dem Weg zur Krippe gewesen. Doch als «ausländische Touristen» könnten sie verhältnismäßig unproblematisch zum Geburtsort Jesu gelangen. Anders ist die Situation für die Menschen in Bethlehem selbst: Der israelische Schutzwall aus Stacheldraht, Gräben und bewaffneten Israelis rührt an ihrer Existenz.

 

Mauer schreckt Deutsche ab

«Anfangs schreckte die Mauer viele Touristen ab», erzählt Giacaman.´Mit seinem «Christmas House» ist der Holzschnitzer wirtschaftlich stark vom Touristenstrom abhängig. Fünf Jahre lang, erinnert er sich, waren diese fast ausgetrocknet. Heute hat sich zwar der Fremdenverkehr einigermaßen stabilisiert, gleichwohl sieht sich der orthodoxe Christ in seiner eigenen Freiheit beschnitten. Einfach mal in das nur sieben Kilometer entfernte Jerusalem fahren, sei es aus religiöser Verbundenheit, geschäftlich oder um eines der besser ausgestatteten Krankenhäuser aufzusuchen - ohne langwierig zu beantragende Einreisegenehmigung ist das nicht möglich.

Damit, sagt Jack Giacaman, ist er auf das angewiesen, was vor Ort vorhanden ist. Das Olivenholz, aus dem die traditionellen Schnitzer Bethlehems ihre Krippen und Skulpturen fertigen, sei immer schon ein verlässlicher Rohstoff der Region gewesen. Indem er das heutige Stadtbild in das Krippenmotiv einarbeitet, hat er eine Möglichkeit gefunden, die Pilger dafür zu sensibilisieren, wie sehr die Mauer das tägliche Leben hier bestimmt. Mittlerweile fragen viele Touristen, die mit dem Bus von Jerusalem her den Schutzwall durchquert haben, gezielt nach dem einzigartigen Krippenmotiv.

«Besonders die Deutschen reagieren betroffen auf die Mauer», sagt Giacaman, der seine Schnitzereien auf Bestellung auch nach Bayern oder an kirchliche Hilfsorganisationen in Kanada verschickt.

Es waren die Franziskaner, die mit ihrer Niederlassung in Bethlehem im 14. Jahrhundert auch großes handwerkliches Knowhow mitbrachten. Das Traditionshandwerk, das daraus entstand, ist längst zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Stadt geworden. Auch die Tradition der Krippendarstellungen, so weiß man in Bethlehem, ist eng mit den Franziskanern verbunden. Dem Gläubigen soll die Krippe helfen, sich in die Armut der Geburt Jesu hineinzuversetzen. Für den Krippenschnitzer Jack Giacaman heißt das: «Jesus kam für die Menschen, die leiden.» Und damit ist es auch ein Stück seiner Geschichte, das er in seine Krippenmotive einschnitzt.


Quelle:
KNA