Bischof Gerhard Ludwig Müller

23. Dezember

Auch 2011 haben deutsche Kardinäle, Bischöfe und Weihbischöfe für domradio.de ihre Gedanken zum Advent aufgezeichnet. Sie erzählen von Geschehnissen, die ihnen in diesem Jahr besonders in Erinnerung geblieben sind, von Situationen, die die Welt bewegt haben, von Ereignissen, die noch bevorstehen und natürlich von der Vorfreude auf Weihnachten. Heute mit Bischof Gerhard Ludwig Müller aus dem Bistum Regensburg.

 (DR)

"Vor einigen Wochen habe ich ein Haus besucht, in dem 60 Drogen - Alkoholabhängige betreut werden. Ein Psychologe hat einen sehr interessanten Vortrag gehalten, erläutert,  wie die therapeutischen Maßnahmen sind, die medizinischen Maßnahmen sind, die ergriffen werden müssen, um den Menschen aus diesem Elend herauszuhelfen. Man sieht diesen Menschen ja auch körperlich und seelisch an, wie sie von den Drogen nun auch innerlich aufgearbeitet werden. Aber er sagte dann etwas sehr Interessantes, was mich auch sehr bewegt hat: Das eigentliche Heilmittel ist die Erfahrung der Menschenwürde, dass das Selbstwertgefühl wieder hergestellt wird, dass die Menschen ihr Leben bejahen und so auch an ihre Arbeit herangehen können und somit eben auch wieder vollwertiges Glied sind der menschlichen Gemeinschaft, dass sie eine Daseinsfreude auch haben, die uns ja allein auch tragen kann in unserem Leben. Und das bringt mich zu dem Gedanken von Weihnachten, zu der Wirklichkeit von Weihnachten, nämlich dass uns diese Menschenwürde von Gott her geschenkt wird und wir bringen sie auch dadurch zum Ausdruck dass wir anderen Menschen, die uns nahestehen etwas schenken, aber auch vielleicht an die Menschen in besonderer Weise denken, die wir vielleicht persönlich gar nicht kennen, die aber in Not sind, für die wir in verschiedenen Aktionen auch tätig werden, um ihnen zu helfen. Also, das, was uns Menschen miteinander verbindet, was uns aufbaut, was wir miteinander teilen können, was wir einander geben können, das sind diese Grunderfahrungen, die das menschliche Leben lebenswert machen, so dass wir nicht gezwungen sind, zu Ersatzhandlungen zu greifen, die uns Menschen aber niederdrücken, ja vielleicht am Ende sogar zerstören. Zutiefst sind wir natürlich verwurzelt in unserem Selbstwertgefühl, in der Würde, die wir erfahren dürfen, weil wir von Gott angenommen sind, weil Gott in Christus uns nahe kommt, als unser Bruder, als unser Freund, auf Gott können wir uns immer verlassen, weil Gott uns Menschen in Jesus Christus seinem Sohn so ganz menschlich nahe gekommen ist, einer von uns ist. Gott ist uns nicht fern, er ist uns ganz nah geworden, heißt ja der Emmanuel, der Gott mit uns. Und so wünsche ich Ihnen allen von ganzem Herzen ein gesegnetes, ein frohes Weihnachtsfest, diese Erfahrung, dass wir von Gott geliebt und angenommen sind und dass wir dieses Annehmen aneinander und diese Liebe auch weiterschenken dürfen. Ihnen allen ein gesegnetes und frohes Weihnachtsfest. "