Erzbischof Robert Zollitsch

18. Dezember

Auch 2011 haben deutsche Kardinäle, Bischöfe und Weihbischöfe für domradio.de ihre Gedanken zum Advent aufgezeichnet. Sie erzählen von Geschehnissen, die ihnen in diesem Jahr besonders in Erinnerung geblieben sind, von Situationen, die die Welt bewegt haben, von Ereignissen, die noch bevorstehen und natürlich von der Vorfreude auf Weihnachten. Heute mit Erzbischof Robert Zollitsch, Bistum Freiburg.

 (DR)

"Im September dieses Jahres hatten wir in Deutschland hohen Besuch. Zu Weihnachten ist es genau drei Monate her, dass wir mit Papst Benedikt die Heilige Messe bei strahlendem Sonnenschein auf dem Freiburger Flughafen gefeiert haben. Seine Reise nach Berlin, Erfurt und Freiburg stand unter dem Leitwort: "Wo Gott ist, da ist Zukunft." Ein Motto, das gut zu Sonnenschein und begeisterten Menschen passt, meint man beim ersten Hören. Doch es ist ein Wort, das gerade auch im Advent Beachtung verdient und seine Wahrheit entfaltet.



"Wo Gott ist, da ist Zukunft": Zukunft steht uns im letzten Monat des Jahres in Gestalt des neuen Jahres vor Augen. Was wird auf uns zukommen; wie wird es verlaufen? Wir können es nicht wissen. Die Zukunft ist uns unbekannt. Eine Zukunft, die wir kennen, wäre nicht mehr Zukunft.



Zugleich ist Zukunft nicht nur eine wertfreie Beschreibung einer vor uns liegenden Zeit. In "Zukunft" klingt die Verheißung mit, dass das Leben weitergeht. Wer Zukunft hat, hat Leben in Fülle.



Wir Christen erwarten eine Zukunft mit Gott. Im Advent ist das fast mit Händen zu greifen: Nichts steht mehr für Zukunft als ein neugeborenes Kind. Nichts und niemand könnte es so zeigen wie das Kind im Stall von Bethlehem: Gott will mit uns Zukunft wagen! "Wo Gott ist, da ist Zukunft!"



Oft aber ist er anders bei uns, als wir erwarten. Gott kommt anders, als wir denken. Darauf heißt es, aufmerksam zu sein; offen für das, was über unsere Vorstellung geht. Die Menschen in Judäa zur Zeit Jesu erwarteten einen Friedensfürsten, einen strahlenden König. Sie taten sich schwer damit, das hilflose Kind in der Krippe als Gottes Sohn zu erkennen. Und doch: so kommt Gott zu uns.



Der Prophet Elija sehnt sich nach einem Gott, der in Feuer und Sturm brausend auftritt. Aber er erkennt: in einem sanften, leisen Säuseln kommt Gott ihm nahe.



Der Advent ist eine Zeit, in der wir uns selbst "unter die Lupe" nehmen können: Was erwarte ich von Gott - wo riskiere ich, mit Scheuklappen meiner eigenen Vorstellungen wie blind durch die Welt zu laufen? Der Advent fordert uns auf, uns hellhörig auf Gottes Ruf auszurichten, offen zu sein für den, der kommt; der Zukunft mit Vertrauen entgegengehen.



"Wo Gott ist, da ist Zukunft" - Zukunft, sie bleibt unbekannt, fremd, spannend. Doch über ihr steht Gottes unverbrüchliche Zusage: Ich bin bei dir. Ich gehe mit dir in die Zukunft. Oft ganz anders, als wir ihn erwarten. Oft gegensätzlich zu dem, wie wir ihn uns vorstellen. Aber er kommt - mal, wie zum Propheten Elija - im sich verwirbelnden Säuseln des Windes. Mal als Kind im Stall. Aber immer: zu uns.



In dieser Hoffnung wünsche ich Ihnen eine gute und gesegnete Adventszeit!"