Bischof Konrad Zdarsa

6. Dezember

Auch 2011 haben deutsche Kardinäle, Bischöfe und Weihbischöfe für domradio.de ihre Gedanken zum Advent aufgezeichnet. Sie erzählen von Geschehnissen, die ihnen in diesem Jahr besonders in Erinnerung geblieben sind, von Situationen, die die Welt bewegt haben, von Ereignissen, die noch bevorstehen und natürlich von der Vorfreude auf Weihnachten. Heute mit dem Augsburger Bischof Konrad Zdarsa.

 (DR)

"Wohl kaum einer von uns, der schon einmal in Rom war, hat es versäumt, das Pantheon zu besuchen. Es ist eines der ältesten Gebäude der Stadt. Einst Göttertempel, dann Kirche aller Märtyrer und schließlich nationale Gedenkstätte mit den Grabmälern des Malers Raphael und der italienischen Könige. Die machtvolle Kuppel ist im strengen Sinne eigentlich gar keine, sondern viel eher ein gewaltiger Ringanker, der nach Art einer Kuppel gewölbt ist. Nach oben nämlich ist die vermeintliche Kuppel mit einem Durchmesser von acht Metern geöffnet, was dem Gebäude eine zusätzliche Stabilität verleiht, da es von durch Erdbeben verursachten Vibrationen eines geschlossenen Kuppeldaches von vornherein verschont bleibt.



Naturgemäß können durch diese Öffnung Licht und Sonne, aber auch Regen und Schnee ungehindert eindringen. Der scharfe Lichtkegel in das Dunkel des antiken Tempels ist ein gern gesuchtes und beliebtes Motiv für die Fotografen. Mir selber ist einmal eine solche Aufnahme gelungen. Es ist für mich aber nicht nur eine gelungene Fotografie, sondern bei näherer Betrachtung ein vorweihnachtliches, ja weihnachtliches Motiv. Unwillkürlich denke ich dabei nämlich an das ausstrahlende Licht aus der Höhe, das uns durch die barmherzige Liebe unseres Gottes besuchen wird, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes und unsere Schritte zu lenken auf den Weg des Lebens. So nämlich beten wir es Tag für Tag mit dem Lobgesang des Zacharias im Stundengebet der Kirche. Er stimmt seinen Lobgesang als Dank für die glückliche Geburt seines Sohnes, des späteren Johannes des Täufers, an.



Zugleich muss ich aber auch an die traurige Feststellung am Anfang des Evangeliums nach Johannes denken: "Und das Licht leuchtet in er Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst? Also doch kein weihnachtliches Motiv? Wir könnten in dieser Annahme noch bestärkt werden, wenn wir den Blick auf den steinernen Fußboden richten. Da entdecken wir ganz kleine schmale Öffnungen, in den Fußboden eingebracht, damit das von oben kommende Regenwasser nach und nach im Boden versickern kann. Das lässt mich allerdings den Gedanken an das ausstrahlende Licht wieder aufnehmen und durch eine Verheißung aus dem Buch des Jesaja ergänzen, wo es heißt: "Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie es dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, dass meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe." Also doch ein weihnachtliches, zumindest aber adventliches Motiv. Und genau das ist es, was ich einem jeden von uns von Herzen wünsche: Dass wir mitten in dieser Welt mit beiden Füßen auf der Erde weit offen sind für das ausstrahlende Licht aus der Höhe und zugleich den Boden bereiten für sein fruchtbares Wirken. Sie wissen schon, dreißigfach, sechzigfach und hundertfach, und das geht weit über einen Besuch in der ewigen Stadt hinaus.



Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, wünsche ich einen freudigen, zuversichtlichen Advent und schon heute ein frohes und gesegnetes Fest der Menschwerdung unseres Herrn."