Adveniat-Weihnachtsaktion in Corona-Zeiten

"Die Liebe findet ihre Wege überall!"

2020 hat Adveniat in Lateinamerika mit rund 35 Millionen Euro über 2000 Hilfsprojekte gefördert. Das Geld kommt vor allem aus der Weihnachtkollekte. Doch in Pandemiezeiten besuchen weniger Menschen die Gottesdienste. Dem Adveniat-Geschäftsführer macht das Sorgen.

Amazonas-Dorf / © Jess Kraft (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Die Kollekte in den Weihnachtsgottesdiensten ist traditionell für Adveniat, das Lateinamerika-Hilfswerk der deutschen Katholiken, bestimmt und in diesem Jahr steht Ihre Weihnachtsaktion unter dem Motto: "ÜberLeben in der Stadt", mit dem Sie die Menschen in den Städten in den Fokus nehmen. Man könnte ja meinen, da ist die Gesundheitsversorgung noch besser als auf dem Land: Es gibt mehr Ärzte, es gibt Krankenhäuser, Zugang zu sauberem Wasser und Medikamenten. Warum wird da trotzdem Hilfe benötigt?

Pater Martin Maier SJ (Hauptgeschäftsführer Adveniat): In Lateinamerika leben derzeit 80 Prozent der Menschen in den Städten. Es gibt riesige Städte wie Mexico City mit über 20 Millionen Einwohnern. Und natürlich gibt es dort Viertel, wo reichere Menschen leben, dort ist die Versorgung gut.

Aber es geht für viele Menschen, vor allem an den Stadträndern, um das nackte Überleben. Papst Franziskus hat seine Kirche dazu aufgefordert, an die Ränder zu gehen und wir gehen an die Ränder der Großstädte. Da finden Sie arme Menschen, da finden Sie Flüchtlinge. Bei der Eröffnung unserer Weihnachtsaktion am 1. Advent hatten wir Erzbischof Dom Leonardo Steiner aus der brasilianischen Stadt Manaus zu Gast: Er hat zum Beispiel von Flüchtlingen aus Venezuela erzählt. Auch die landen an den Stadträndern in den Elendsvierteln und müssen ums Überleben kämpfen.

DOMRADIO.DE: Inwiefern erschwert die Corona-Pandemie da noch zusätzlich die Arbeit von Adveniat in Lateinamerika?

Pater Martin Maier: Die Corona-Pandemie wirkt für die Armut in Lateinamerika wie ein Brandbeschleuniger. Da ist es schlicht und ergreifend nicht möglich, dass Menschen Abstands-Regeln einhalten, es gibt kein fließendes Wasser, um sich die Hände zu waschen. Familien leben in armseligen Hütten auf engstem Raum zusammen und von daher fehlen die Voraussetzungen.

DOMRADIO.DE: Adveniat hat in den letzten Monaten mehr als acht Millionen Euro für Projekte der Corona-Nothilfe in Lateinamerika zur Verfügung gestellt – wie helfen Sie denn den Menschen in Lateinamerika?

Pater Martin Maier: Wir helfen vor Ort vor allem über unsere kirchlichen Partnerinnen und Partner. In Manaus zum Beispiel, wo Erzbischof Steiner herkommt, sind das vor allem die Ordensfrauen. Steiner sagt: "Sie sind nicht nur die Hände, sondern auch das Herz der Kirche!" Und Adveniat unterstützt diese Ordensfrauen. Vielerorts haben wir auch Nothilfe geleistet und Geld für Sauerstoffversorgung oder Gesichtsmasken bereitgestellt. Damit konnten wir wirklich die Not lindern.

DOMRADIO.DE: Adveniat fordert seit Monaten eine Freigabe der Impfstoff-Patente und eine gerechte Verteilung der Impfstoffe weltweit. Neuesten Zahlen zufolge haben aber bislang nur rund fünf Prozent der weltweiten Impfungen in armen Ländern stattgefunden. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Pater Martin Maier: Die Pandemie wirkt wie ein Brennglas und zeigt, dass in dieser Welt die Verhältnisse ungerecht und ungleich sind. Adveniat setzt sich bereits seit Beginn der Pandemie gemeinsam mit anderen Hilfswerken für eine gerechte Impfstoffverteilung und die Freigabe der Patente ein.

Und es ist völlig klar: Wir können nur gemeinsam aus dieser Pandemie herauskommen. Das zeigt sich jetzt mit der neuen Mutante in Südafrika, die in Nullkommanix bei uns in Deutschland angekommen ist. Und deshalb kann es nicht anders gehen, als dass wir gemeinsam versuchen, diese Pandemie zu bekämpfen. Und das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass sich die Menschen auch in den armen Ländern impfen lassen können.

DOMRADIO.DE: Sie unterstützen hunderte Projekte in Lateinamerika und ein Großteil des Geldes stammt aus der Weihnachtskollekte. Im vergangenen Jahr sind die Zahlen da stark eingebrochen, weil aufgrund der Corona-Pandemie deutlich weniger Menschen die Gottesdienste besucht haben. Wie blicken Sie auf dieses Jahr?  

Pater Martin Maier: Wir hoffen zuerst einmal, dass dieses Jahr Weihnachtsgottesdienste möglich sind und die Kollekte möglich ist, denn das ist die Haupteinnahmequelle für die Hilfe, die Adveniat nach Lateinamerika weitergibt.

Und wenn die Gottesdienste eingeschränkt werden, hoffen wir, dass unsere Spendentüten vielleicht Beine bekommen, dass sie vielleicht über die Pfarreien, Pfarrbriefe und Weihnachtspost verbreitet werden.

Und es gibt natürlich auch die Möglichkeit, im Internet mit ein paar Mausklicks für Adveniat zu spenden. Mir sagte einmal ein Freund: "Die Liebe findet ihre Wege überall!" Und darauf hoffen wir jetzt an Weihnachten: Es ist das Fest der Liebe und des Teilens. Und ich möchte die Katholiken und Katholikinnen, die Menschen in Deutschland einladen, dass sie mit den Schwestern und Brüdern in Lateinamerika teilen!

Das Interview führte Martin Mölder.


Pater Martin Maier / © N.N. (Adveniat)
Pater Martin Maier / © N.N. ( Adveniat )
Quelle:
DR