Katholisches Hilfswerk Adveniat bedauert Amtsenthebung Lugos in Paraguay

Lobbyismus schlägt Politik

Der ehemalige katholische Bischof Fernando Lugo wurde von den Paraguayern 2008 zum Staatsoberhaupt gewählt - nun wurde er abgesetzt. Für Michael Kuhnert vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat ein fatales Signal. Warum, erklärt er im domradio.de-Interview

 (DR)

Lugo sei ein Hoffnungsträger für die arme und benachteiligte Bevölkerung gewesen, erklärte Adveniat-Länderreferent Michael Kuhnert am Montag. Als Kandidat der Liberalen Partei (PLRA) habe der frühere Bischof 2008 nach mehr als 60 Jahren das Machtmonopol der Colorado-Partei gebrochen.



Vor allem auf dem Land habe es Besserungen für die Kleinbauern gegeben, berichtet Adveniat. Unter Lugo seien Gesundheitsposten eingerichtet und verstärkt Gesundheitsbeauftragte geschult worden. Zweisprachige Bildung sei verbessert und Zisternen gebaut worden. Es habe kleine Erfolge in der Bekämpfung von Korruption gegeben. Seine geplante Landreform habe Lugo allerdings nicht durchsetzen können, räumt das Hilfswerk ein. Nach wie vor gehörten 80 Prozent des fruchtbaren Bodens in Paraguay zwei Prozent der Bevölkerung. Die ungerechte Landverteilung sei Ursache ständiger Konflikte.



Nur ein Abgeordneter stimmt gegen Amtsenthebung

Das Signal für die Bevölkerung Paraguays wertet Kuhnert als fatal: "Der Lobbyismus ist stärker als die parlamentarische Politik." Das politische Establishment lasse keinerlei Änderung hin zu mehr Teilhabe, gerechterer Landverteilung und Armutsbekämpfung zu. Nur einer von 76 Abgeordneten stimmte im Parlament gegen die Amtsenthebung. Anhänger Lugos demonstrierten am Wochenende zu Tausenden.



Als ein positives Zeichen wertet Adveniat, dass die südamerikanische Staatengemeinschaft UNASUR diplomatische Konsequenzen aus dem Vorfall zog. In einer ersten Reaktion erkannten die UNASUR-Außenminister den ernannten Federico Franco nicht als Nachfolger Lugos an; sie sahen das festgeschriebene Bekenntnis der Staatengemeinschaft zur Demokratie in Frage gestellt. Mitgliedstaaten äußerten tiefe Besorgnis; einige sprachen von einem "verdeckten Putsch". Argentinien, Brasilien und Uruguay zogen ihre Botschafter ab.