Ökumenischer Kirchentag ab Donnerstag in Digital-Version

"Einfach mutig anders sein"

Wie vieles andere während der Corona-Pandemie wird auch der Ökumenische Kirchentag ab Donnerstag digital stattfinden. Das sei eine große Herausforderung, biete aber auch viele Chancen, sagt ÖKT-Pressesprecherin Britta Baas.

Ein Banner mit dem Motto des Ökumenischen Kirchentags / © Angelika Zinzow (KNA)
Ein Banner mit dem Motto des Ökumenischen Kirchentags / © Angelika Zinzow ( KNA )

DOMRADIO.DE: Kirchentage leben von der Atmosphäre vor Ort, von persönlichen Begegnungen und Gesprächen. Wie wollen Sie das auffangen, dass das jetzt alles so nicht geht?

Britta Baas (Pressesprecherin des Ökumenischen Kirchentags (ÖKT)): Das können wir natürlich nicht komplett auffangen. Ein digitaler Kirchentag kann einen analogen Kirchentag nicht imitieren. Er muss einfach mutig anders sein. Das versuchen wir.

Digitale Begegnungen sind selbstverständlich möglich. Es gibt nicht nur Vorträge und Podien, sondern es gibt eine Reihe von Angeboten zum mitmachen. Ich nenne beispielhaft digitale Stehtische, wo sich Menschen, die sich sonst analog getroffen hätten und miteinander gesprochen hätten, einfach mal so treffen können, um etwas auszutauschen. Es gibt die Möglichkeit, ein Mitmach-Heft für junge Menschen auszufüllen, dort auch auf einer Pinnwand digital zu hinterlassen, was man für Gefühle und Gedanken hat rund um den ÖKT. Es gibt eine Ansammlung dezentraler Feiern quer durch die ganze Bundesrepublik. Man kann auf unserer Internetseite schauen, was da bei jedem vor Ort analog passiert. Und: Man kann das Leitmotiv "Schaut hin" auch tanzen. Dazu gibt es ein Übungsvideo. 

DOMRADIO.DE: Das Motto "Schaut hin" kommt aus dem Markusevangelium. Das bekommt jetzt irgendwie nochmal eine ganz besondere Bedeutung. Schließlich schauen dann die allermeisten am Computerbildschirm zu und sind da dabei. 

Baas: Ja, genau so muss man sich das vorstellen. Dieser ÖKT ist wirklich, ich sag mal, zu 98 Prozent digital. Das Herkommen dahin war ein langes. Wir hatten natürlich auf einen analogen ÖKT sehr gehofft, mit allem, was dazugehört. Die Pandemie hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Es ist so, dass wir insgesamt dreimal das dann hybride, schließlich ganz digitale Konzept nachjustieren mussten. Das Gesundheitsamt in Frankfurt hat uns klare Vorgaben gemacht. Das heißt, dass wir jetzt mit Ausnahme der Gottesdienste, die analog stattfinden können, das komplette Programm online absolvieren. 

DOMRADIO.DE: Können Sie sagen, was die größte Herausforderung war bei dieser Umstellung von Präsenz auf Online? 

Baas: Ja, das Größte war eigentlich dieses mehrfache Neujustieren. Denn das heißt natürlich ganz viel: Ein analoger ÖKT hätte bedeutet: mindestens 2000 Veranstaltungen an verschiedenen Orten. Jetzt mussten wir uns überlegen, wie wir in der letzten Nachjustierung mit einem kleineren Programm – es wird jetzt etwas über 100 Veranstaltungen geben, an denen man teilnehmen kann – umgehen und wie wir vor allem diese Veranstaltungen präsentieren. Denn das geht ja nicht einfach so, dass man eins zu eins Analogität in Digitalität übersetzen kann. 

DOMRADIO.DE: Es gibt ja immer diese zwei Komponenten: Zum einen ist da die Sorge, dass Menschen, die es vielleicht mit der Technik nicht so haben, abgehängt werden könnten und andererseits die Frage, ob dadurch, dass so vieles digital weltweit zugänglich gemacht wird, vielleicht eine Chance entsteht, teilzunehmen. Wie würden Sie das beurteilen? 

Baas: Wir hoffen natürlich wahnsinnig darauf, dass diese Digitalität die Chance gibt, multikomplex teilzunehmen und auch weit über Frankfurt hinaus teilzunehmen. Das ist die große Chance der Digitalität. Ich kann letztendlich morgens aufstehen und sagen: Heute gucke ich mal beim ÖKT vorbei. Ich schaue mal, was heute so auf dem Plan steht. Klicke ich mich rein, bin ich dabei. Ich muss keine Zugfahrkarte lösen. Ich muss kein Hotel buchen. Ich muss mir kein Privatquartier buchen. All das fällt weg. Das macht natürlich die Schwelle niedrig.

Auf der anderen Seite fehlen natürlich Promis zum Anfassen, das gemeinsame Singen und Beten, das Sich-umarmen und Fröhlich-durch-die-Gegend-hüpfen. Das kann man alles nicht imitieren. Was Ihre Frage nach den vielleicht Abgehängten, die nicht so digital sind, betrifft, hoffen wir, dass uns das nicht zu sehr trifft. Wenn ich mir die jüngsten Zahlen angucke, dann sind in Deutschland auch die über 60-Jährigen in einem hohen Ausmaß, nämlich zu weit über 80 Prozent, digital unterwegs. Leute, die zu ÖKTs kommen, sind eher innovative Personen. Ich hoffe, dass die sich auf diese Digitalität einstellen. 

DOMRADIO.DE: Sie sind jetzt in den allerletzten Zügen, also in der heißesten Phase der Vorbereitung. Worauf freuen Sie sich denn persönlich am meisten, wenn es dann am Donnerstag losgeht? 

Baas: Für mich beginnt es schon am Mittwoch, denn ich leite die Eröffnungpressekonferenz am Mittwoch um 13 Uhr. Ich freue mich sehr auf diese PK, weil das heißt, sozusagen einen Startschuss mitgeben zu können für diesen ÖKT.

Dann freue ich mich auf politische Debatten zum Thema Antisemitismus, zum Thema Rechtspopulismus, zum Thema Friedenssicherung weltweit. Ich hoffe auf viele bewegte Chaträume. Und ich freue mich sehr auf etwas, das ich analog erleben werde, nämlich einen der vier Gottesdienste am Samstagabend in Frankfurt, die der ÖKT streamt und wo wir zeigen wollen, wie weit die Ökumene in Deutschland vorangegangen ist, wie sehr man sich wechselseitig einladen kann zu Gottesdiensten und was das für uns bedeutet.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Britta Baas, ZdK-Pressesprecherin (ZdK)
Britta Baas, ZdK-Pressesprecherin / ( ZdK )
Quelle:
DR