"Brot für die Welt": Armut wächst wegen Corona-Pandemie drastisch

Viele Menschen vom Hungertod bedroht

Die Corona-Krise verschärft weltweit Armut und Hunger und stellt die Hilfsorganisationen vor zusätzliche Herausforderungen. "Brot für die Welt"-Chefin Cornelia Füllkrug-Weitzel warnt vor Hungerkrisen.

Symbolbild Hunger / © panitanphoto (shutterstock)

Die Corona-Krise trifft die Ärmsten und ihre Kinder weltweit am härtesten. Die Präsidentin von "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel, sagte am Donnerstag bei der Jahresbilanz der evangelischen Hilfsorganisation in Berlin, die Armut wachse so drastisch, dass viele Projekte derzeit nur noch Nothilfe leisteten. Die Menschen verlören ihre Einkünfte. Insbesondere in Südamerika und afrikanischen Ländern drohe die Gefahr, dass Entwicklungsfortschritte wieder zunichtegemacht werden.

Die Welternährungsorganisation geht davon aus, dass durch die Corona-Pandemie mindestens 130 Millionen Menschen zusätzlich an chronischem Hunger leiden werden. Füllkrug-Weitzel erklärte, das bedeute eine Verdopplung der vom Hungertod bedrohten Menschen.

Lockdowns treffen die Menschen hart

Eine neue Hungerkrise droht insbesondere in den ostafrikanischen Ländern. Die rigorosen Lockdowns in vielen Ländern des Südens träfen die Menschen sehr hart, da weltweit zwei Drittel aller Berufstätigen ohne soziale Absicherung im informellen Sektor arbeiteten, als Tagelöhnerinnen und Tagelöhner, als Hausangestellte oder Straßenhändlerinnen, sagte Füllkrug-Weitzel.

Forderung nach sozialer Sicherung

Die Krise wirke sich auch dramatisch auf prekär Beschäftigte entlang der internationalen Lieferketten aus, etwa Textilarbeiter in Bangladesch. Ohne soziale Sicherung landeten sie auf der Straße, sagte Füllkrug-Weitzel. Sie forderte die Bundesregierung auf, endlich das Lieferkettengesetz auf den Weg zu bringen, um die Unternehmen in die Verantwortung zu nehmen. Eckpunkte sollten im August ins Kabinett kommen, der Termin ist verstrichen.

"Brot für die Welt" hat bisher 12,7 Millionen Euro zusätzlich für Corona-Hilfen bereitgestellt, wovon Partnerorganisationen beispielsweise Aufklärungskampagnen, Hygienekits, Beatmungsgeräte oder Lebensmittelpakete finanziert haben. Die Organisation ist in acht der zehn Länder mit den derzeit höchsten Infektionsraten tätig, darunter Brasilien, Indien und Südafrika.

Spendenbereitschaft nicht gesunken

Die Spendenbereitschaft ist angesichts der Krise nicht gesunken. "Brot für die Welt" erhielt bisher mehr Spenden als im vorigen Jahr, rechnet aber insgesamt für 2020 mit einem Rückgang. "In diesem Jahr fehlten uns die Ostergottesdienste, die aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnten», erklärte Christian Heine-Göttelmann, Vorstand der Diakonie Rheinland-Westfalen Lippe (RWL) am Donnerstag in Düsseldorf. Durch zahlreiche Privatspenden sei dieser Einbruch aber bisher aufgefangen worden.

Das Jubiläumsjahr 2019 schloss "Brot für die Welt" mit einem Spendenergebnis von 64,4 Millionen Euro und damit dem drittbesten seit der Gründung 1959 ab. Mehr als elf Millionen Euro davon kamen aus Rheinland, Westfalen und Lippe, wie die Diakonie RWL mitteilte.

Im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland wurden 7,3 Millionen Euro gesammelt, in der westfälischen Kirche kamen 4,4 Millionen Euro und in der Lippischen Landeskirche knapp 328.000 Euro zusammen.

Beitrag "gegen Hunger, Armut und Ungerechtigkeit"

Der rheinische Präses Manfred Rekowski dankte allen Spenderinnen und Spendern für ihren Beitrag "gegen Hunger, Armut und Unterechtigkeit". Mit ihren Spenden und Kollekten hätten sie
"Millionen Menschen geholfen, ihre Lebenssituation zu verbessern", sagte der lippische Ökumenepfarrer Dieter Bökemeier. "Brot für die Welt" halte das Bewusstsein für Ungerechtigkeit und ungleiche Verteilung der Güter in der Welt wach, ergänzte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus. "Darin dürfen wir auch in Corona-Zeiten nicht nachlassen!"

Hinzu kamen Nachlässe in Höhe von 3,5 Millionen Euro sowie rund 400.000 Euro aus Bußgeldern. Insgesamt standen der Organisation rund 313 Millionen Euro für die Entwicklungsarbeit zur Verfügung, knapp zwei Prozent mehr als 2018. Die Verwaltungsausgaben lagen mit 5,9 Prozent im niedrigen Bereich. 91,6 Prozent der Mittel gehen direkt an die Projekte der Organisationen in aller Welt.


Quelle:
epd