Experten diskutieren deutschen Vorstoß zur Mahlgemeinschaft

Von Fortschritten, Hausaufgaben und Vermittlungsschwierigkeiten

Eine der Top-Fragen der Ökumene ist die nach einem gemeinsamen Abendmahl von Katholiken und Protestanten. Ökumene-Bischof Gerhard Feige diskutierte mit Theologinnen einen neuen Vorstoß dazu - und dämpfte Erwartungen.

Autor/in:
Karin Wollschläger
Symbolbild Eucharistie / © Zolnierek (shutterstock)

Die Sache ist ja die: Die wechselseitige Teilnahme von Katholiken und Protestanten an Abendmahl und Eucharistie ist vielerorts gelebte Praxis. Doch lehramtlich und kirchenrechtlich ist das katholischen Christen nicht erlaubt, außer unter bestimmten, engen Voraussetzungen bei konfessionsverbindenden Ehen. Unmut und Unverständnis wachsen spürbar, warum die Kirchenleitungen nicht endlich eine theologische Einigung in dieser Top-Frage der Ökumene erzielen können. Doch die Dinge sind komplex, und die Vermittlung wird zusehends schwieriger.

Gebündelte Ergebnisse des bisherigen ökumenischen Dialogs

Man ist dankbar für jeden Schritt. Entsprechend große Beachtung fand – allerdings überwiegend unter Ökumene-Fachleuten – der jüngste Vorstoß des renommierten deutschen Ökumenischen Arbeitskreises (ÖAK). Sein 57-seitiges "Votum" mit dem Titel "Gemeinsam am Tisch des Herrn", entstanden in zehn Jahren Arbeit, bündelt nicht nur erstmals die Ergebnisse der bisherigen ökumenischen Dialoge, sondern schlägt auch ganz konkret eine Art Zwischenschritt auf dem Weg zum gemeinsamen Abendmahl vor: nämlich eine wechselseitige Teilnahme "in Achtung der je anderen liturgischen Traditionen".

Am Mittwochabend diskutierte in Erfurt der katholische Magdeburger Bischof Gerhard Feige, Ökumene-Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz, mit Theologinnen, wie das "Votum" zu bewerten ist und ob es den erhofften Schritt nach vorn bringt. Feige ließ dabei keinen Zweifel daran, dass er die Studie des ÖAK "kenntnisreich, differenziert und hoch intelligent" findet. Auch Rom habe sich solch eine Zusammenstellung des bisher Erreichten gewünscht. Doch der Magdeburger Bischof dämpfte im überfüllten Erfurter Hörsaal mit sachlichem Realismus auch zu hohe Erwartungen: Er vermute, dass das Votum gerade mit Blick auf den bevorstehenden 3. Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) 2021 eine Eigendynamik entwickele und "dann ein Druck im Kessel entsteht, der in der kurzen Zeit nicht theologisch aufgearbeitet werden kann".

Votum soll zum Nachdenken anregen und ökumenische Fragen voranbringen

Die Münsteraner Dogmatikerin Dorothea Sattler, leitende katholische Mitautorin des Votums und Mitglied im Präsidium des ÖKT, entgegnete: "Natürlich kann der katholische Bischof von Limburg, Georg Bätzing, als Mitgastgeber des ÖKT nicht zum evangelischen Abendmahl einladen, aber er kann – und tut es auch – bezeugen, dass er vertrauensvoll wahrnimmt, was im evangelischen Abendmahl geschieht. Und dann können die Menschen ihre eigenen Entscheidungen treffen und miteinander die Wege suchen." Bätzing ist auch Vorsitzender des ÖAK.

Sattler erläuterte, der Ökumenische Arbeitskreis erhoffe sich, dass sein Votum zum einen bei allen Christen ein Nachdenken darüber anrege, was ihnen Abendmahl und Eucharistie eigentlich bedeuten, dass zum Zweiten eine höhere Sensibilität und Aufmerksamkeit für diese ökumenischen Fragen geschaffen werde und drittens, dass es eine kirchenamtliche Rezeption geben müsse. Laut Feige wird sich der Päpstliche Einheitsrat mit dem Papier beschäftigen, ebenso die Deutsche Bischofskonferenz; voraussichtlich bei ihrer Frühjahrsvollversammlung.

"Zukunft des ökumenischen Dialogs"

Die Präsidentin der Gemeinschaft der Evangelischen Kirchen in Europa (GEKE), Miriam Rose, erklärte: "Für uns ist das Votum von zentraler Bedeutung. Vor allem, dass hier die Vielfalt der historisch gewachsenen liturgischen Formen gewürdigt wird. Dass es für eine katholische Anerkennung der evangelischen Ämter votiert, ist ein ganz großer Schritt auf die evangelischen Kirchen zu." Überdies sei die Feststellung beachtlich, "dass das, was in den Gemeinden stattfindet und Christen dort an Gemeinschaft leben, Ausdruck des Wirken des Heiligen Geistes ist und dies theologisch ernstgenommen werden muss." Die Jenaer Theologin konstatierte: "Ich denke, das ist die Zukunft des ökumenischen Dialogs."

Das Dokument sei auch deshalb "großartig, weil der häufige Unterschied von Theorie und Praxis theologisch überwunden wird", so die Jenaer Theologin. Letzteres konnte Feige so nicht teilen: "Die in der Studie formulierten theologischen Übereinstimmungen entsprechen noch nicht unbedingt der kirchlichen Praxis." Als Beispiel nannte er die Taufe als Voraussetzung für das Abendmahl: "Da ist evangelischerseits gelegentlich auch mal was anderes zu hören." Umgekehrt sei der katholische Opfer-Begriff zwar inzwischen theoretisch geläutert, "aber in unseren liturgischen Texten finden sich noch manche missverständlichen Formulierungen, die falsch gedeutet werden können – da müssen wir auch ran".

Nicht zuletzt sei die Frage des Kirchenrechts nicht geklärt. "Da sind auf beiden Seiten noch Hausaufgaben zu machen", bilanzierte Feige und erntete auch allgemeine Zustimmung mit der Feststellung: "Je näher man sich in der Ökumene kommt, umso schwieriger wird es."


Gerhard Feige, Bischof von Magdeburg / © Harald Oppitz (KNA)
Gerhard Feige, Bischof von Magdeburg / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA