Zum Abschluss des Taizé-Jahrestreffens in Breslau

"Man muss den Jugendlichen vertrauen"

Was kann die Kirche vom europäischen Taizé-Treffen in Breslau lernen? Die Jugendlichen machen lassen, sagt Bruder Ulrich von der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé. Mit dem Jahreswechsel ist das Jugendtreffen zu Ende gegangen.

Frères der Communauté von Taizé singen gemeinsam mit jungen Menschen / © Jan Schmidt-Whitley (KNA)
Frères der Communauté von Taizé singen gemeinsam mit jungen Menschen / © Jan Schmidt-Whitley ( KNA )

DOMRADIO.DE: Das Jahrestreffen der Taizé-Gemeinschaft hat immer auch etwas mit Völkerverständigung zu tun. Ist das auch in diesem Jahr gelungen?

Bruder Ulrich (Gemeinschaft von Taizé): Völkerverständigung ist für uns eigentlich gar kein Thema, weil es einfach gelebt wird. Wir verteilen die Jugendlichen in kleineren Gruppen auf die Gastgemeinden, sodass in jeder Gemeinde drei, vier Sprachgruppen aus verschiedenen Ländern zusammen sind für diese fünf Tage. Völkerverständigung ist bei den Treffen eine Selbstverständlichkeit. Alle sprechen heute Englisch und man ist einfach zusammen.

DOMRADIO.DE: Welche Hoffnung nehmen Sie mit ins neue Jahr?

Bruder Ulrich: Es ist schwer zu sagen. Wir leben in einer bewegten Zeit. Man kann nur hoffen, dass der Frieden erhalten bleibt. Nicht nur in Europa, sondern so weit wie möglich auf allen Erdteilen. Das ist, glaube ich, die größte Hoffnung, die wir mit allen Menschen teilen.

DOMRADIO.DE: Ein neues Jahr, da werden immer wieder neue Vorsätze geschmiedet. Was sollten sich die Kirchen für das neue Jahrzehnt mit Blick auf die Jugend vornehmen?

Bruder Ulrich: Das ist schwer zu beantworten, weil die Situationen sehr unterschiedlich sind. Das haben wir hier in Breslau während der Vorbereitung erlebt. In den verschiedenen Ländern tut sich auch die Kirche unterschiedlich schwer, auf Jugendliche zuzugehen und sie zunächst einmal so anzunehmen, wie sie sind. Da gibt es keine Rezepte. Wir hüten uns ganz grundsätzlich davor, irgendwelche Ratschläge zu geben.

Ich glaube aber, man muss den Jugendlichen vertrauen. Das ist eine persönliche Herausforderung, vor der in gewisser Weise jeder steht – umso mehr, wenn er in der Kirche Verantwortung hat: Jugendlichen etwas zuzutrauen, sie machen zu lassen und sie ihre eigenen Ideen einbringen lassen. Das ist nicht immer leicht.

DOMRADIO.DE: Diese Vielfalt, die jetzt gerade bei Ihnen schon angeklungen ist, passt ja auch ein bisschen zum Motto „Unterwegs und doch verwurzelt bleiben“. Was bedeutet das für Ihre Gemeinschaft?

Bruder Ulrich: Für uns bedeutet das, immer wieder offen zu sein – uns immer wieder innerlich und äußerlich auf den Weg zu machen. Das können ganz unterschiedliche Herausforderungen sein. Wir leben auf den verschiedenen Kontinenten. Das Leben dort wird immer intensiver. Immer mehr Anfragen kommen, Jugendliche zusammenzubringen und Treffen auf den verschiedenen Kontinenten zusammenzubringen.

Dieses Unterwegssein hat für uns auch einen ganz konkreten Aspekt: dass wir immer bereit sein müssen, uns auf eine neue Umgebung einzustellen. Uns immer wieder zu fragen: Was heißt das konkret für unser Programm, zum Beispiel, indem wir hier Jugendliche in Taizé empfangen. Von welchen liebgewordenen Dingen müssen wir uns verabschieden? Gleichzeitig müssen wir uns aber auch immer die Frage stellen: Was ist unser innerer Halt im Leben? Wie machen wir uns in Christus fest?

DOMRADIO.DE: Zum nächsten Jahrestreffen geht es nach Turin. Können Sie den italienischen Organisatoren etwas mit auf den Weg geben?

Bruder Ulrich: Ein paar von ihnen waren die letzten Tage zusammen mit dem Erzbischof von Turin mit dabei. Während des Abendgebets hat er ganz berührend eingeladen. Man hat wirklich den Eindruck, dass wir mit offenen Armen empfangen werden. Das einzige, worum wir bitten, wenn wir in eine Stadt kommen, um ein Treffen vorzubereiten ist, sich einfach auf die Jugendlichen einzulassen und zu versuchen, sie machen zu lassen.


Quelle:
DR