Neuer Landesbischof Stäblein über seine Ziele

"Ich möchte hinschauen, wie es den Gemeinden geht"

Christian Stäblein ist neuer Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Sein Amt versteht er nicht als Aufseher, sondern als jemand, der sich um die Belange in den Gemeinden sorgt und hinschaut, sagt er im Interview.

Der frühere Berliner evangelische Bischof Markus Dröge (l.) und sein Nachfolger Christian Stäblein mit Brustkreuzen / © Christian Ditsch (epd)
Der frühere Berliner evangelische Bischof Markus Dröge (l.) und sein Nachfolger Christian Stäblein mit Brustkreuzen / © Christian Ditsch ( epd )

DOMRADIO.DE: Was sind Ihre Ziele?

Christian Stäblein (Neuer Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz): Die logischen Ziele sind, das Evangelium zu verkünden, Seelsorge zu leisten und für Bildung zu sorgen. Das ist unsere Aufgabe als Kirche. Natürlich sollten wir das so gut wie möglich machen und dabei so viele wie möglich zu erreichen.

DOMRADIO.DE: Als Propst sind Sie auch viel über das Land gefahren und waren in den Gemeinden präsent. Möchten Sie das auch in Zukunft weiterhin, oder ist das zeitlich jetzt gar nicht mehr möglich?

Stäblein: Nein, selbstverständlich. Ich kann diese neue Aufgabe auch nur so verstehen, dass ich viel bei den Menschen vor Ort bin. Ich habe mal gesagt: Der Bischof ist ein "Hingucker". Also einer, der hinguckt. Das ist ein bisschen die wörtliche Übersetzung von Bischof  - also dem griechischen Wort "Episkopos". Das heißt nichts anderes, als sich umschauen. Früher hat man darunter eher Aufsicht verstanden. Ich würde aber heute sagen, das bedeutet, hinzugucken, wie es den Gemeinden geht, wie Gottes Wort in den Gemeinden vorhanden ist und wo der Schuh drückt.

DOMRADIO.DE: Ein zunehmendes Problem ist es, dass die Kirchenmitglieder immer weniger werden. Wie wollen Sie das ändern, dass sich wieder mehr Menschen mit der Kirche verbunden fühlen?

Stäblein: Ich denke, wir müssen viel rausgehen und viel weniger zurückhaltend mit unserer Botschaft sein. Das heißt in ganz praktischer Form auch, rauszugehen und nach neuen Orten zu schauen. Ich war jetzt sehr begeistert von dem geistlichen Begleitprogramm zur Landesgartenschau. Da war die Kirche mitten in der Stadt, mitten im Gemeinwesen. Die Leute sehen: Die Kirche ist da, und das ist toll und modern, was sie da tut.

DOMRADIO.DE: Als neuer Bischof der Region sind Sie auch für das Thema Ökumene verantwortlich. Es gibt immer wieder ökumenische Andachten, gemeinsame Veranstaltungen und Gebets-Anliegen. Welche Ideen haben Sie noch in der Hinterhand, um diese Gemeinschaft zu stärken?

Stäblein: Ich genieße das sehr, dass wir ökumenisch so geschwisterlich miteinander umgehen. Zunächst einmal sehen wir immer wieder, dass das Verbinden viel größer ist, als das, was uns an einzelnen Stellen vielleicht auch noch trennt. Ich denke, wir werden in einer Zeit, wo beide Kirchen ein ganzes Stück schrumpfen, noch deutlicher machen, dass wir die Dinge, die wir gut zusammen machen können, gut zusammen machen. Dabei denke ich etwa an Krankenhausseelsorge, Gefängnisseelsorge und ganz viele Bereiche, in denen wir Dienst für die Gesellschaft leisten.

DOMRADIO.DE: Im Studium hatten Sie als Nebenfach Judaistik. Der jüdische Glaube war dann auch Thema in Ihrer Promotion. Wie sehr fühlen Sie sich den jüdischen Geschwistern denn verbunden?

Stäblein: Ich habe ein ganzes Jahr in Israel studiert und bin dort deswegen wirklich ein Stück heimisch geworden - auch mit den Geschwistern zusammen. Das finde ich ganz toll und immer noch bemerkenswert, dass das nach unserer Geschichte so geht. Letzte Woche hat mich der Rabbiner Nachama eingeladen, in seiner Synagoge mitzufeiern und mitzupredigen. Ich finde, das ist ein unheimlich ehrendes und tolles Zeichen, dass das für uns möglich ist und diese Geschwisterlichkeit so auch zu leben. Ich habe allergrößten Respekt vor den jüdischen Geschwistern und freue mich, dass wir so gut miteinander feiern können.

DOMRADIO.DE: Was wollen Sie in Bezug auf Antisemitismus in Angriff nehmen?

Stäblein: Es ist aus meiner Sicht ungeheuer schockierend, wie laut und vernehmbar öffentlich Antisemitismus in unserem Land ist. Ich finde es schlimm, wie stark er in Form von Übergriffen mit Worten und Taten im Moment stattfindet. Wir haben neulich mit einer Menschenkette vor der Synagoge ein Zeichen gesetzt. Wir sind auch zu einem Solidaritäts-Gottesdienst in die Synagoge gegangen. Ich glaube, wir brauchen viel mehr solche öffentlichen Zeichen. Sonst bleibt am Ende öffentlich nur das hängen, was andere auf der Straße laut machen. Das darf nicht sein.

Natürlich machen wir daneben auch ganz viel Bildungsarbeit an den Schulen und im Religionsunterricht. Wir haben eine Broschüre aufgelegt zur christlich-jüdischen Verbundenheit gegen Antisemitismus. Die Evangelische Kirche in Deutschland hat einen Antisemitismusbeauftragten berufen. Wir tun, was wir können. Ich glaube, das ist auch unsere Pflicht.

Das Interview führte Aliena Pfeiffer.


Quelle:
DR