Reaktionen auf Veröffentlichung der Orientierungshilfe

Dankbarkeit und Klärungsbedarf

Unterschiedlich haben Bischöfe und Theologen auf die Veröffentlichung der umstrittenen Handreichung als Orientierungshilfe reagiert. Während in Freiburg die Dankbarkeit überwiegt, sieht man in Regensburg noch Gesprächsbedarf.

Ein Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz hat seine Hände zum Gebet gefaltet / © Arne Dedert (dpa)
Ein Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz hat seine Hände zum Gebet gefaltet / © Arne Dedert ( dpa )

Für den Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke macht die Veröffentlichung klar, "dass wir als Bischöfe uns jetzt nicht zanken und streiten". Vielmehr gehe es allen darum, die Ökumene weiter voranzubringen und Sorge für gemischtkonfessionelle Paare zu tragen, sagte Hanke der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch.

Man wolle gemeinsam um einen Weg ringen, "auf dem wir sicherlich nicht alle im Gleichklang sind".

Klärung des Begriffs der "gravierenden Notlage"

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer sieht im Kommunionstreit der deutschen Bischöfe weiter theologischen Klärungsbedarf. Als Mitglied der Glaubenskongregation im Vatikan wolle er dieses Gremium um eine "vertiefte Untersuchung" bitten, was unter einer "gravierenden Notlage" zu verstehen sei, in der das Kirchenrecht in Einzelfällen auch Nichtkatholiken den Empfang der Kommunion gestattet, kündigte Voderholzer in einem Interview mit der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" (Donnerstag) in Würzburg an.

Im Ständigen Rat der Bischofskonferenz habe man sich "um größtmögliche Einigkeit bemüht" und nach mehrstündiger kontroverser Debatte einstimmig eine kurze Erklärung verabschiedet, so der Regensburger Bischof.

Die Auseinandersetzungen der vergangenen Wochen, so Voderholzer weiter, hätten "gezeigt, dass es für die Einheit der Kirche und das kollegiale Miteinander auch der Bischöfe gut ist, wenn Minderheiten respektiert, Zuständigkeiten gewahrt und Dienstwege eingehalten werden".

Bedeutung des ökumenischen Miteinanders betont

Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger begrüßte die jüngste Erklärung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz zur pastoralen Handreichung. "Ich bin sehr dankbar für diese Erklärung, weil sie das grundlegende pastorale Anliegen noch einmal klar benennt, ohne dabei die kirchenrechtliche und dogmatische Komponente außer acht zu lassen", sagte Burger.

"Denn es geht uns um die ganz konkrete Hilfe im Einzelfall, also um Seelsorge im eigentlichen Sinn und damit gerade nicht um einen Sonderweg innerhalb der Weltkirche", erklärte der Erzbischof weiter. Zudem betone die Erklärung auch die Bedeutung des ökumenischen Miteinanders.

Kardinal Müller kritisiert Mehrheit der deutschen Bischöfe

Kardinal Gerhard Ludwig Müller wirft der Mehrheit der Deutschen Bischofskonferenz und Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzendem eine Anbiederung an die Moderne vor. Sie sähen sich "als Trendsetter der katholischen Kirche auf dem Weg in die Moderne", so Müller in einem Interview des US-Internetportals "Catholic World Report".

Diese Bischöfe wollten alle Glaubenslehren reformieren, die dem zeitgenössischen gesellschaftlichen Konsens entgegenstünden. Um ihre Ziele zu erreichen, seien sie auch bereit, die Spaltung der Bischofskonferenz zu akzeptieren.

Zu den Anliegen dieser Bischöfe zählten "die Forderung nach der Heiligen Kommunion auch für Menschen ohne den katholischen Glauben und auch für jene Katholiken, die sich nicht in einem Zustand der heiligmachenden Gnade befinden". Auf der Tagesordnung stünden außerdem, so Müller weiter, "ein Segen für homosexuelle Paare, Interkommunion mit Protestanten, Relativierung der Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe, die Einführung von viri probati und damit die Abschaffung des priesterlichen Zölibats, Zustimmung zu sexuellen Beziehungen vor und nach der Ehe".

Gläubige, die die katholische Lehre ernst nähmen, würden "als konservativ gebrandmarkt und aus der Kirche gedrängt und der Diffamierungskampagne der liberalen und antikatholischen Medien ausgesetzt". Für viele Bischöfe sei die Wahrheit der Offenbarung und des katholischen Bekenntnisses "nur eine weitere Variable in der innerkirchlichen Machtpolitik", kritisierte der Kardinal darüber hinaus.

Einige der Bischöfe. so Müller, zitierten individuelle Vereinbarungen mit Papst Franziskus und dächten, dass "seine Aussagen in Interviews mit Journalisten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die weit von der katholischen Kirche entfernt sind, eine Rechtfertigung sogar für die 'Verwässerung' definierter, unfehlbarer Glaubenswahrheiten (= Dogmen) bieten". Hier sehe er "einen eklatanten Prozess der Protestantisierung".

Müller (70) war von 2002 bis 2012 als Bischof von Regensburg Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz. Von 2012 bis 2017 leitete er im Vatikan die Glaubenskongregation.

Aufruf zum Nachdenken statt Ausbremsen

Der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Erzbischof Luis Ladaria, wollte der Öffnung der Kommunion in Deutschland für evangelische Ehepartner nach eigenem Bekunden keine Absage erteilen.

"Es war kein Ausbremsen sondern ein Aufruf zum Nachdenken", erklärte er nach Angaben des Internetportals "Vatican Insider" vom Mittwoch seinen Brief an Kardinal Reinhard Marx, den Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Marx hatte den Brief Anfang Juni erhalten.

Formaler Kompromiss mit Gesichtswahrung

Der katholische Theologe Thomas Söding sieht in den jüngsten Entwicklungen im Streit um die Öffnung der katholischen Kommunion für protestantische Ehepartner Auftrieb für die Ökumene.

"Konfessionsverschiede Ehepaare wissen nun, dass sie von der Kirche ernstgenommen werden", sagte er am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Vatikan und die deutschen Bischöfe hätten sich auf einen "formalen Kompromiss" geeinigt, bei dem beide Seiten das Gesicht wahren könnten, erklärte der Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum und Berater der Glaubenskommission der Bischofskonferenz.

Aus dem Licht der Unrechtmäßigkeit holen

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßte die Veröffentlichung des Textes. Sie sehe darin eine Fortsetzung des ökumenischen Geistes aus dem Reformationsjahr 2017 und eine Konkretion der Selbstverpflichtungen, die beide Kirchen anlässlich des Buß- und Versöhnungsgottesdienstes im März 2017 eingegangen waren. Mit der Übertragung der Verantwortung auf den Ortsbischof habe die Bischofskonferenz "einen Weg gefunden, wie sie die faktisch weithin etablierte Realität an der Basis aus dem Licht der Unrechtmäßigkeit holen kann".

"Man ist geneigt, von einem kleinen Schritt in der Ökumene, aber einem großen Schritt für die katholische Kirche zu sprechen", heißt es in der in Hannover veröffentlichten Erklärung. Zugleich sei aber noch zu beachten, dass Katholiken umgekehrt von ihrer Kirche immer noch nicht erlaubt werde, am evangelischen Abendmahl teilzunehmen. Hier sei noch ein langer Weg zu erwarten.


Bischof Gregor Maria Hanke / © Katharina Ebel (KNA)
Bischof Gregor Maria Hanke / © Katharina Ebel ( KNA )

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer / © Maria Irl (KNA)
Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer / © Maria Irl ( KNA )

Erzbischof Stephan Burger / © Screenshot (DR)
Erzbischof Stephan Burger / © Screenshot ( DR )

Gerhard Ludwig Kardinal Müller (KNA)
Gerhard Ludwig Kardinal Müller / ( KNA )

Erzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer / © Paolo Galosi (KNA)
Erzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer / © Paolo Galosi ( KNA )

Prof. Dr. Thomas Söding / © Harald Oppitz (KNA)
Prof. Dr. Thomas Söding / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA , epd