Auswirkungen der Vatikanentscheidung zum Kommunionstreit

"Kein ökumenischer Super-Gau"

Der Vatikan hat entschieden: Die mehrheitlich von katholischen deutschen Bischöfe befürwortete Handreichung zur Zulassung protestantischer Ehepartner zur Kommunion ist in der geplanten Form vom Tisch. Mit welchen Folgen für die Ökumene?

Kardinal Woelki (l.) und Kardinal Marx teilen Kommunion aus / © Jörg Loeffke (KNA)
Kardinal Woelki (l.) und Kardinal Marx teilen Kommunion aus / © Jörg Loeffke ( KNA )

epd: Am Montagabend hatte die katholische Deutschen Bischofskonferenz (DBK) überraschend ein Schreiben des Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer, erhalten. Demnach sei die geplante Handreichung der Bischöfe zur Öffnung der Kommunion für protestantische Ehepartner nach Ansicht des Papstes noch nicht reif zur Veröffentlichung, hieß es vonseiten der DBK. Die Bischofskonferenz hatte sie im Frühjahr mit Drei-Viertel-Mehrheit beschlossen. Offenbar sieht der Papst die Zeit für die geplante Handreichung noch nicht reif. Hat Sie das überrascht?

Michael Seewald (Professor für Dogmatik an der Universität Münster): Ja. Es hatte Anfang Mai den Anschein, als würde der Papst die Entscheidung den deutschen Bischöfen überlassen, auch wenn es in Rom natürlich Stimmen gab, die der Handreichung ablehnend gegenüberstanden. Was innerhalb weniger Wochen dazu geführt hat, dass die Kritiker sich nun doch durchsetzen konnten, bleibt im Dunkeln. Vielleicht wurde, je mehr internationale Reaktionen eintrafen, die Angst vor einem Flächenbrand geweckt.

epd: Wie aussichtsreich ist denn nun nach alledem, dass es bei der Kommunion zu Zugeständnissen an protestantische Ehepartner kommt?

Seewald: Dass Kardinal Marx als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz bereits mitgeteilt hat, in der Sache noch einmal mit dem Papst sprechen zu wollen, ist keine Floskel, sondern eine Ansage. Marx bleibt dran. In Deutschland stehen die meisten katholischen Bischöfe hinter ihm. In den letzten Wochen hat sich gezeigt, dass auch die sieben Bischöfe, die nach Rom geschrieben haben, im Grunde genommen nichts gegen die Praxis einwenden, dass evangelische Ehepartner in Einzelfällen zur Kommunion gehen. Die sieben Bischöfe sprechen sich aber dagegen aus, dass eine solche Praxis reglementiert wird, weil sie befürchten, dass die Ausnahme dann zur Regel wird. Also lassen sie alles in einem Graubereich.

Klar ist nun, dass der bestehende Text nicht mehr zur Veröffentlichung kommt. Das ist schade. Vielleicht könnte es ein Kompromiss sein, dass die Bischofskonferenz ein neues Papier erarbeitet, das den Bedenken der sieben Bischöfe stärker entgegenkommt. Einige haben ja Gesprächsbereitschaft signalisiert.

epd: Heißt das die Bischofskonferenz ist jetzt am Zug? Es klang bisher so, als würde Rom den Fall in die Hand nehmen.

Seewald: Rom klärt jetzt die dogmatischen und kirchenrechtlichen Fragen. Was dabei wann herauskommt, ist ungewiss. Die deutschen Bischöfe müssen dogmatisch abwarten, was Rom zu alledem sagt, aber sie können sich trotzdem weiterhin um eine Lösung dieses pastoralen Problems bemühen. Sonst geht den Bischöfen das letzte bisschen Regelungskompetenz verloren. In katholischen Gemeinden ist es vielfach üblich, dass evangelische Ehepartner mit zur Kommunion gehen. Und das wird sich aufgrund des jüngsten Vorstoßes aus Rom ja sicher nicht ändern.

Insofern ist dieser Rückschlag schade, aber auch kein ökumenischer Super-GAU, weil die Menschen in den Gemeinden schon lange Brücken befahren, die dogmatisch noch gar nicht gebaut sind. Die Bischöfe sollten alles daransetzen, sie dabei zu begleiten.

Das Interview führte Julia Lauer.


Die Kuppel des Petersdoms / © Cristian Gennari (KNA)
Die Kuppel des Petersdoms / © Cristian Gennari ( KNA )
Quelle:
epd
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