Baustart des Turms der Garnisonkirche in Potsdam mit Gottesdienst gefeiert

Unter freiem Himmel und unter Protest

Der Wiederaufbau des Turms der 1945 zerstörten und 1968 abgerissenen Potsdamer Garnisonkirche hat nun auch offiziell begonnen. Zum Baustart wurde auf dem Baufeld ein Gottesdienst unter freiem Himmel gefeiert - der von Demonstranten gestört wurde.

Standort der ehemaligen Garnisonskirche in Potsdam / © Ralf Hirschberger (dpa)
Standort der ehemaligen Garnisonskirche in Potsdam / © Ralf Hirschberger ( dpa )

Kirchenlieder gegen "Heuchler"-Rufe: Unter lautstarkem Protest von Gegnern aus der linken Szene ist am Sonntag der offizielle Baustart für den neuen Turm der Potsdamer Garnisonkirche gefeiert worden. An dem Gottesdienst unter freiem Himmel auf dem Baufeld nahmen auch Brandenburgs früherer Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der ehemalige Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) teil. Am Rande ging die Polizei gegen einzelne Gegendemonstranten vor, die den Gottesdienst störten.

Es sei eine "Freude, dass wir jetzt mit dem Bau beginnen können", sagte die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und frühere FDP-Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer zum Auftakt und richtete an die Gegner die Bitte, den Gottesdienst beginnen zu lassen. Die lauten Proteste rissen dennoch über die gesamte kirchliche Feier hinweg nicht ab.

"Zentrum für Frieden und Versöhnung"

Der neue Turm der 1945 zerstörten und 1968 abgerissenen Garnisonkirche solle wie einst über zwei Jahrhunderte hinweg wieder ein architektonisches Zeichen in der Stadtlandschaft werden, sagte der evangelische Altbischof und Kuratoriumsvorsitzende der Baustiftung, Wolfgang Huber in seiner Predigt: "Und er soll werden, was er noch nie war, ein Zentrum für Frieden und Versöhnung."

"Wir wissen, dass die Garnisonkirche in die unheilvolle Geschichte unseres Landes nicht nur an einem einzelnen Tag verwickelt war", betonte Huber vor der rund 300 Menschen zählenden Gottesdienstgemeinde, während aus dem Kreis der gut 50 Gegendemonstranten immer wieder laute Buh-Rufe und Trillerpfeifen zu hören waren: "Eben darum wollen wir an diesem Ort Geschichte kritisch erinnern."

Garnisonkirche wurde von Nazis missbraucht

Mit der Nutzung der Garnisonkirche zur Inszenierung der Reichstagseröffnung 1933 durch die Nazis sei das Gotteshaus zu einem symbolischen Ort "für die Vorbereitung einer unvergleichlichen Gewaltherrschaft" geworden, betonte der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): "Wo sollten wir die Notwendigkeit des Friedens erkennen, wenn nicht hier?"

Am Rand hielten die Gegendemonstranten Plakate mit Parolen wie "Unseren Segen habt ihr nicht" und "Kein Gott, kein Staat, kein Kirchenimitat" in die Höhe, nach einiger Zeit zog die Polizei zwischen Gemeinde und Protestierern auf. Altbischof Huber appellierte in seiner Predigt an die Demonstranten, ihre Kritik in ziviler Form und nicht durch Geschrei zu artikulieren. Der Gottesdienst zum Baustart stand unter dem Motto "Eine Kultur des Friedens bauen".

Es sei "schwer erträglich, dass ein Gottesdienst gestört wird", sagte der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bei dem kleinen Bauauftakt-Fest im Anschluss. Das Bauprojekt sei "mehr als Stadtreparatur", betonte Jakobs: "Die Stiftung will die Zukunft gestalten in einem friedlichen Europa, dafür baut sie die Potsdamer Garnisonkirche wieder auf."

Wiederaufbau umstritten

Das Vorhaben ist wegen der preußischen Militärgeschichte der Garnisonkirche und der Nutzung durch die Nazis umstritten. Zuletzt hatten sich Kritiker deshalb auch an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gewandt, der Schirmherr des Bauprojekts ist. Brandenburgs früherer Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und der EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms, die beide dem Kuratorium der Baustiftung angehören, riefen Kritiker und Befürworter zum Dialog auf.

Der Grundstein für den rund 90 Meter hohen und nach Stiftungsangaben rund 40 Millionen Euro teuren neuen Turm wurde bereits 2005 gelegt, der Wiederaufbau sollte aus Spenden finanziert werden. Aus Geldmangel wurde der Baustart jedoch immer wieder verschoben. Inzwischen hat der Bund zwölf Millionen Euro für das Bauvorhaben freigegeben, die evangelische Kirche stellt fünf Millionen Euro Kredite zur Verfügung. Zunächst soll für rund 26 Millionen Euro eine einfache Grundvariante errichtet werden, weil unter anderem für die Schmuckelemente weiter das Geld fehlt.


Quelle:
epd