Evangelische und katholische Kirche laden zum Ökumenischen Fest ein

"Das gab es so noch nicht"

Im Ruhrpott treffen sich die beiden großen Kirchen in Deutschland zu einem gemeinsamen Fest und wollen ein Zeichen setzen. Bischöfe und Laien richten es gemeinsam aus. "Das gab es so noch nicht", erklärt Stefan Vesper.

Industrie im Ruhrgebiet / © Oliver Berg (dpa)
Industrie im Ruhrgebiet / © Oliver Berg ( dpa )

domradio.de: Warum wird in Bochum gefeiert? Warum im Ruhrgebiet?

Dr. Stefan Vesper (Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken): Wir haben uns überlegt, wir gehen in eine Region, die es nicht ganz einfach hat. Das Ruhrgebiet durchlebt seit den 50er Jahren und der Kohlekrise einen starken Strukturwandel und Anpassungsschwierigkeiten. Es mausert sich langsam von der Schwerindustrie- zur Dienstleistungsgesellschaft. Wir wollten da hin, wo die Aufgaben des sozialen und wirtschaftlichen Miteinanders diskutiert werden und auch brennen. Bochum als das Zentrum des mittleren Ruhrgebietes bietet sich an.

domradio.de: Sie feiern nicht alleine?

Vesper: Wir sind in der Tat zu viert: Die Evangelische Kirche in Deutschland, die Deutsche Bischofskonferenz, das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken und der Kirchentag – wir alle feiern dieses Ökumene-Fest gemeinsam. Es wird also auch von den Bischöfen und den Laien gemeinsam ausgerichtet, und die beiden großen christlichen Kirchen ziehen an einem Strang. Und es ist auch für andere christliche Kirchen offen. Das gab es so noch nicht. Wir wollten ein großes ökumenisches Zeichen setzen – gemeinsam.

domradio.de: Was wird denn überhaupt gefeiert? 500 Jahre Kirchentrennung können es ja nicht sein, oder?

Vesper: An diesem Tag wollen wir unsere ökumenische, soziale und gesellschaftliche Verantwortung – kurz die Weltverantwortung – thematisieren. Wir Christinnen und Christen sind ja Zeugen des Evangeliums in der Welt. Und wir versuchen in sozialen Bereichen, in politischer Arbeit, im gesellschaftlichen Miteinander unser Zeugnis zu geben.

domradio.de: Wie machen Sie das konkret, worüber sprechen Sie?

Vesper: Die Feier hat viele Aspekte. Unter anderem treffen wir uns an dreizehn verschiedenen Orten der Stadt. Wir gehen in Museen, in den Bergbau, wir thematisieren an passenden Orten die Flüchtlingsarbeit der Stadt, wir sprechen über Rüstungsexporte, wo wir uns dagegen positionieren. Auch der Katholik und Bundestagspräsident Norbert Lammert wird uns in einem Vortrag einen Impuls zu christlicher Weltverantwortung mit auf den Weg geben.

domradio.de: Das Fest findet eine Woche vor der Bundestagswahl statt. Das wird dann sicher auch ein großes Thema sein?

Vesper: Die Bundestagswahl an sich nicht. Wir machen ja keine Parteiveranstaltung. Vielleicht können wir sagen: Es wird eine übergeordnete Parteiveranstaltung. Denn die Christen ergreifen überall Partei, wo sie sind, für den Schwachen und den Menschen, der in Not ist. Das hat uns das Evangelium aufgetragen. Und darum ist das Leitwort dieses ökumenischen Festes der Satz aus dem Vaterunser: Wie Himmel, so auf Erden. Wir wollen auf der Erde schon ein bisschen Himmel Wirklichkeit werden lassen.

domradio.de: Erhoffen Sie sich, dass Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenkommen? Bochum ist ja eher ein internationaler Schmelztiegel?

Vesper: Genau. Das wollen wir ganz sicher. Wir waren heute mit der Pressekonferenz in einem besonderen Kulturzentrum Q1. Das ist ein interkulturelles Zentrum. Zum Beispiel gibt es dort einen Gebetsraum, indem alle Religionen beten können. Also, ich will damit sagen, wir hoffen, dass Menschen aus anderen Kulturen dabei sind.

domradio.de: Vielleicht doch ein Zeichen in Wahlkampfzeiten?

Vesper: Es ist vielleicht auch ein kleines Zeichen in diesem Bundestagswahlkampf und diesen Zeiten, das wir raussenden. Dass unsere Gesellschaft nämlich zusammenhält und christliche Initiativen wichtig sind für die Welt. Denn wir wollen ein großes Zeichen setzen, dass die Weltverantwortung der Christen noch einmal verdeutlicht – in diesem Reformationsjahr.

Das Interview führte Milena Furman.


Quelle:
DR