Früherer EKD-Ratsvorsitzender Wolfgang Huber wird 75 Jahre

In vielen Ämtern Akzente gesetzt

Seit bald acht Jahren ist er offiziell im Ruhestand, doch in der Öffentlichkeit und in den Medien bleibt Wolfgang Huber nach wie vor präsent. Nur einen letzten Karriereschritt hat er nicht mehr gemacht.

Autor/in:
Norbert Zonker
Wolfgang Huber / © Paul Zinken (dpa)
Wolfgang Huber / © Paul Zinken ( dpa )

Als ein Nachfolger für Bundespräsident Joachim Gauck gesucht wurde, kam sein Name, wie bereits vor den Wahlen des Staatsoberhaupts 2012 und 2009, wie selbstverständlich wieder ins Gespräch. Diesmal sagte er "aus familiären und gesundheitlichen Gründen" ab. Dabei hätte Wolfgang Huber, der an diesem Samstag 75 Jahre alt wird, das Amt im Schloss Bellevue sicher ebenso mit Bravour ausgefüllt wie seine vorherigen Aufgaben.

Besonders in seinen sechs Jahren als Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) von 2003 bis 2009 hatte Huber gezeigt, wie man in einem im Grunde machtlosen Ehrenamt Akzente setzen kann. Dass viele innerkirchliche Impulse anschließend verpufften, weil sie von seinen Nachfolgern nicht mit gleichem Elan weiterverfolgt wurden, kann man ihm dabei kaum anrechnen.

Gut vernetzter Sozialethiker

Der Weg zum Bischof und Ratsvorsitzenden war Huber nicht in die Wiege gelegt. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er 1942 in Straßburg geboren als jüngster von fünf Brüdern und Sohn des Staatsrechtlers Ernst Rudolf Huber, der durch sein Wirken in der NS-Zeit diskreditiert war. Seine Wahl des Theologiestudiums in den 1960er Jahren in Heidelberg, Göttingen und Tübingen kam für seine Familie überraschend.

Schnell machte er sich einen Namen als Sozialethiker, an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft in Heidelberg sowie als Professor in Marburg und Heidelberg. In der evangelischen Kirche war er gut vernetzt, als Kirchentagspräsident in den von Nachrüstungsdebatten und Friedensethik geprägten Jahren 1983 bis 1985 wurde er auch einer größeren Öffentlichkeit bekannt.

Bischof in Berlin

Eine entscheidende Weichenstellung erfolgte für den damals Anfang 50-Jährigen 1993: Hatte er sich zunächst für eine Bundestagskandidatur für die SPD interessiert, wurde er stattdessen in Berlin zum Bischof gewählt. Im Bischofsamt der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg - seit 2004 fusioniert mit der Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz - entwickelte Huber sich vom dezidiert linksprotestantischen Theologen zu einer Integrationsfigur, durch die auch Evangelikale sich repräsentiert sehen konnten.

Schon lange vor seiner Wahl zum EKD-Ratsvorsitzenden galt Huber als führende Stimme des deutschen Protestantismus. Er beteiligte sich an vielen öffentlichen Debatten, setzte aber auch in seiner Landeskirche gegen manchen Widerstand Reformen durch. So stritt er für einen "Mentalitätswandel" und eine "missionarische Öffnung" der oft selbstgenügsamen Kirchengemeinden. In dieser Zeit veränderte sich auch seine persönliche Frömmigkeit. Er kritisierte eine Tendenz zur "Selbstsäkularisierung" der Kirche, an der er in jüngeren Jahren selbst mitgewirkt habe.

Funktionierende Ökumene

Hubers Verhältnis zur katholischen Kirche wird oft auf den von ihm geprägten Begriff der "Ökumene der Profile" reduziert, in dem ein gewisses Konkurrenzverhältnis mitschwingt. Doch so wollte er es selbst nicht verstanden wissen. In der Praxis funktionierte die Zusammenarbeit der Kirchen, vor allem beim ersten bundesweiten Ökumenischen Kirchentag in Berlin 2003, meist reibungslos.

Auch im Streit mit den SPD-geführten Landesregierungen in Berlin und Brandenburg über die Stellung des Religionsunterrichts an den Schulen und den Sonntagsschutz zogen die Kirchen an einem Strang. Gleichwohl konnte Huber auch die ökumenischen Partner düpieren: So lieferte er beim Stammzellgesetz eine entscheidende Vorlage für die letztlich beschlossene vorsichtig liberale Gesetzesnovelle. Die katholische Fakultät der Universität Bochum machte ihn ungeachtet dessen kürzlich zusammen mit dem langjährigen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, zum Ehrendoktor.

Im Ruhestand ist Huber weiterhin vielfältig aktiv - sei es als Buchautor, zeitweiliges Mitglied im Deutschen Ethikrat oder Gastprofessor etwa an der südafrikanischen Universität Stellenbosch, aber auch als Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Garnisonkirche Potsdam. Sein Wort findet Gehör, in den Medien ist er immer noch präsent - und das, ohne seinen Nachfolgern ins Gehege zu kommen.

 

Quelle:
KNA