EKD-Vorsitzender sieht begrenzte Aufnahmemöglichkeiten für Flüchtlinge

"Nicht jeden nach Deutschland holen"

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, hält die deutschen Aufnahmekapazitäten für Flüchtlinge für begrenzt. "Es geht nicht darum, die Welt zu umarmen und jeden nach Deutschland zu holen."

Heinrich Bedford-Strohm / © Daniel Karmann (dpa)
Heinrich Bedford-Strohm / © Daniel Karmann ( dpa )

Das sagte er der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Wichtig seien faire Verfahren und eine internationale Lastenverteilung. "Es ist aber ebenso falsch zu sagen: Wir machen jetzt dicht", fügte der oberste Repräsentant der deutschen Protestanten hinzu und verwies auf den Nachzug von Familienangehörigen. Fehlender Familiennachzug würde die Integration belasten, sagte der bayerische Landesbischof.

Bedford-Strohm bekräftigte seine Position, nach der zum akuten Schutz von Menschen in internationalen Konflikten auch Militär eingesetzt werden sollte. "Nicht-militärische Mittel haben immer Vorrang, und die sind noch längst nicht ausgeschöpft", sagte er. Man müsse etwa Waffenexporte unterbinden und die Finanzströme austrocknen, die sie finanzieren. Doch wenn die USA und die kurdischen Peschmerga nicht zum Schutz der Jesiden im Irak eingegriffen hätten, "wären diese Menschen tot", sagte der EKD-Ratsvorsitzende.

Militärische Schutzmittel möglich

"Ich kann nie und nimmer befürworten, dass diese Menschen schutzlos dem Morden ausgeliefert sind", betonte er. Er schließe "militärische Schutzmittel" nicht aus. "Sie müssen aber auf guter rechtlicher Grundlage sein, und da gibt es im Augenblick Defizite, weil die UN nicht handlungsfähig sind", sagte Bedford-Strohm.

Mission "nicht das erste Motiv"

Bei der Flüchtlingshilfe durch Christen darf nach Ansicht von Bedford-Strohm die Mission "nicht das erste Motiv" sein. "Es muss immer zuerst um den Menschen gehen - ohne Hintergedanken", sagte er weiter. "Aber natürlich taufen wir Menschen, wenn sie aus Freiheit darum bitten", sagte der bayerische Landesbischof. Bedingung für die Taufe sei eine gute Vorbereitung. In Bayreuth etwa gebe es 70 Menschen, die sich taufen lassen wollen, berichtete der oberste Repräsentant der deutschen Protestanten aus seiner Landeskirche: "Sie absolvieren einen Kurs mit zehn Modulen, in dem sie die Grundlagen des christlichen Glaubens lernen."

Diejenigen, die diese Taufkurse organisieren, kämen an den Rand ihrer Kapazitäten, sagte Bedford-Strohm: "Aber es gibt keinen schöneren Anlass als diesen, um solche Kapazitäten auszuweiten."

Realismus bei Asylpolitik

In Bezug auf die deutsche Asylpolitik forderte Bedford-Strohm Realismus ein. "Es geht nicht darum, die Welt zu umarmen und jeden nach Deutschland zu holen", so der EKD-Vorsitzende. "Wenn man Menschen mit Empathie begegnet, kann man auch unangenehme Wahrheiten aussprechen." In der Politik gehe es jetzt darum, "Zukunftsvertrauen und Vernunft in ein gutes Verhältnis zu bringen". Es sei "klar, dass Europa nicht alle weltweit 65 Millionen Flüchtlinge aufnehmen kann".

Es müsse daher bei der Aufnahme von Flüchtlingen "geregelte und faire Verfahren und eine internationale Lastenteilung geben". Eine Abschottungspolitik lehnt Bedford-Strohm jedoch ab: "Es ist aber ebenso falsch zu sagen: Wir machen jetzt dicht. Nehmen Sie das Beispiel des Familiennachzugs: Fehlender Familiennachzug belastet die Integration hier. Deswegen ist es wichtig, dass wir für nachziehende Familien legale Zuwanderungswege schaffen."

Warnung vor Donald Trump

Eine Warnung sprach Bedford-Strohm vor Donald Trump aus. "Was passiert eigentlich, wenn diese von Trump flapsig dahergeredeten Dinge Wirklichkeit würden?", so der EKD-Vorsitzende. "Das wäre in einigen Punkten humanitär katastrophal."

Bedford-Strohm, der mit einer US-Amerikanerin verheiratet ist, sagte, er verfolge im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft "manches mit Fassungslosigkeit, vertraue aber darauf, dass die Vernunft sich durchsetzen wird". Die Popularität der AfD in Deutschland und die Zustimmung für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Trump in den USA hält der EKD-Ratsvorsitzende für vergleichbar: "In beiden Fällen wird stark mit Ängsten gearbeitet", sagte der bayerische Landesbischof. Gefühle und Sorgen würden instrumentalisiert. "Die einfachen Antworten der globalen Vereinfacher diesseits und jenseits des Atlantiks müssen aber hinterfragt werden", forderte er.


Quelle:
epd