Patriarch Bartholomaios I. leitet orthodoxes Konzil von Kreta

Souveräner Vorsitzender

Er ist der "man of the match" - Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel ist die Schlüsselfigur des orthodoxen Konzils auf Kreta. Dabei geht er ohne seinen abwesenden Konkurrenten aus Moskau ein hohes Risiko ein.

Autor/in:
Norbert Zonker
Bartholomaios I. während eines Interviews / © Sean Hawkey (KNA)
Bartholomaios I. während eines Interviews / © Sean Hawkey ( KNA )

Er ist zweifellos die zentrale Figur des orthodoxen Konzils von Kreta: Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. leitet in seiner Eigenschaft als "Protos" (Erster unter Gleichen) die orthodoxe Bischofsversammlung - und dies mit einer Souveränität und intellektuellen Präsenz, die aus dem durchaus umstrittenen Ehrenamt einen starken Vorsitz macht.

Geschickte Debattenführung

Der 76-Jährige führt die Sitzungen konzentriert, wie Teilnehmer berichten, lenkt die Debatte geschickt, fasst zusammen und verhindert wenig zielführende Vorschläge und Anträge. Einen vehementen Kritiker einer Dokumentenvorlage weist er trocken darauf hin, dass dieser selbst schon 1986 am ersten Entwurf mitgearbeitet und diesen unterzeichnet habe. Mit der rigiden Geschäftsordnung geht er pragmatisch um: Als ein Athos-Mönch, der als "Berater" eigentlich kein Rederecht hat, unbedingt etwas sagen will, unterbricht der Patriarch kurz die Sitzung und erteilt ihm das Wort.

Lange für Durchführung des Konzils gearbeitet

Die "Große und Heilige Synode" der Orthodoxie ist der Höhepunkt der 25-jährigen Amtszeit von Bartholomaios I. Mit dem Konzil geht für ihn ein Traum in Erfüllung, an dessen Verwirklichung er lange und hart gearbeitet hat. Und doch ist dieser Traum hart mit der Wirklichkeit kollidiert, als die Russen und drei andere Kirchen ihre Teilnahme kurzfristig absagten. Der Moskauer Patriarch Kyrill I., so sehen es hier viele, hatte offenbar keine Lust, neben Bartholomaios nur die zweite Geige zu spielen, und deshalb nach Vorwänden gesucht, um fernzubleiben. Denn eigentlich sieht sich der Russe selbst in der Führungsrolle - ist aber protokollarisch in der traditionsbewussten Orthodoxie nur die Nummer fünf.

Bartholomaios seinerseits ließ sich nicht auf die Obstruktionspolitik ein und versucht nun mit den 290 anwesenden Bischöfen - davon 166 offizielle Delegierte der zehn teilnehmenden Kirchen -, das Beste aus der Situation zu machen. Dabei lässt er keinen Zweifel daran aufkommen, dass das ordnungsgemäß zustandegekommene Konzil die ganze Orthodoxie repräsentiert. In Moskau dagegen ist die Rede von einer bedeutungslosen "Räubersynode".

Kummer gewöhnt

In seinem Alltag ist das Ehrenoberhaupt der Orthodoxie Kummer gewöhnt. In der Türkei, ihrem historischen Stammland, ist die griechische Orthodoxie seit Jahrzehnten bedrängt. Die gesamtorthodoxen Aufgaben des 270. Nachfolgers des Apostels Andreas werden von den jeweiligen Machthabern - egal ob lange laizistisch-kemalistisch oder jetzt unter Präsident Recep Tayyib Erdogan islamzentriert - nicht akzeptiert.

Zu seiner Jurisdiktion gehören aber nicht nur die wenigen tausend in der Türkei verbliebenen griechisch-orthodoxen Christen, deren Zahl stetig sinkt, sondern auch rund 3,5 Millionen Gläubige in Teilen von Griechenland und in der Diaspora in Nord- und Südamerika, Mittel- und Westeuropa sowie in Australien. Für die übrigen Gläubigen aus der griechisch-orthodoxen Kirchenfamilie in den 13 anderen nationalen Kirchen, deren Zahl weltweit auf zwischen 220 und 300 Millionen geschätzt wird, hat er keine Jurisdiktionsbefugnisse.

Hohe Anerkennung

Als Theologe und Ökumeniker genießt Bartholomaios weit über seine Kirche hinaus Anerkennung. Der promovierte Kirchenrechtler, geboren am 29. Februar 1940 als Dimitrios Archondonis auf der türkischen Insel Imbros, der sieben Sprachen fließend spricht, ist auch ein vertrauenswürdiger Gesprächspartner für Islam und Judentum. Mehrmals besuchte der Patriarch den Vatikan und empfing umgekehrt die drei letzten Päpste in seinem Amtssitz, dem Phanar.

Besonders eng ist sein Verhältnis zu Papst Franziskus, mit dem er sich zuletzt auf der griechischen Insel Lesbos traf, um auf die Not der Flüchtlinge aufmerksam zu machen. Auch politisch stehen Bartholomaios I. zumindest im Westen viele Türen offen. Gerne spricht er dort über sein weiteres großes Anliegen neben der Einheit der Orthodoxie, die "Bewahrung der Schöpfung". Sein ökologisches Engagement brachte Bartholomaios den Beinamen "Grüner Patriarch" ein.


Quelle:
KNA