US-Baptisten debattieren über Religionsfreiheit und Terror

Klarer Kurs

Die größte protestantische Kirche in den USA geht auf Reformkurs: Die "Southern Baptist Convention" verteidigt die Religionsfreiheit von Muslimen und setzt sich für Flüchtlinge ein - trotz innerer Widerstände.

Autor/in:
Thomas Spang
Zahl der Katholiken in den USA sinkt (KNA)
Zahl der Katholiken in den USA sinkt / ( KNA )

Pastor John Wofford versteht die Welt nicht mehr. Muslime brächten überall auf der Welt Christen um, und die Führer seiner Kirche hätten nichts Wichtigeres zu tun, als in den USA das Recht der Minderheit zu verteidigen, Moscheen zu bauen, klagt der Prediger der Armorel Baptist Church in Blytheville im US-Bundesstaat Arkansas.

Zielscheibe seiner Kritik auf der Jahresversammlung der konservativen "Southern Baptist Convention" (SBC) in St. Louis ist unter anderem der prominente Chef der Ethik-Kommission, Russell Moore. Dieser hatte sich in New Jersey für das Recht einer muslimischen Gemeinde eingesetzt, eine Moschee zu errichten. Pastor Wofford ging das entschieden zu weit: Er stellte auf der Jahrestagung den Antrag, alle Kirchenführer, die so etwas unterstützten, ihrer Ämter bei der SBC zu entbinden.

"Ein fundamentales Recht"

Moore scheute nicht vor der Kontroverse zurück. "Wenn die Regierung basierend auf den theologischen Glaubenssätzen einer Gemeinde entscheiden kann, ob ein Gotteshaus errichtet werden darf oder nicht, dann wird es in San Francisco, New York und anderen Orten des Landes 'Southern Baptist'-Kirchen geben, die nicht gebaut würden." Religionsfreiheit, so der theologische Vordenker der Baptisten, sei nicht teilbar, sondern ein fundamentales Recht - auch für Muslime.

"Die Antwort auf den Islam ist nicht die Macht der Regierung", fügte Moore zum brausenden Beifall der Delegierten hinzu. "Die Antwort ist die Frohe Botschaft Jesu Christi und das neue Leben, das daraus erwächst."

In der Pflicht

Klare Worte, die zu einer deutlichen Zurückweisung des Wofford-Antrags führten. Entschieden sprachen sich die Baptisten auch gegen die Ideen des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump aus, der Muslimen die Einreise in die USA verweigern will. Christen stünden in der Pflicht, Asylsuchende aus Syrien und anderen Ländern des Mittleren Ostens willkommen zu heißen.

"Flüchtlinge sind Menschen, die von Gott geliebt werden und in seinem Bild erschaffen sind." Ihnen müsste mit "christlicher Liebe" begegnet werden, heißt es in einer Resolution, die einen klaren Kontrast zu den öffentlichen Äußerungen Trumps nach dem Anschlag von Orlando liefert.

Reformkurs der konservativen baptistischen Kirchen

Der einst verlässlich konservative Zusammenschluss baptistischer Kirchen im Süden der USA geht unverkennbar auf Reformkurs: Dieser begann 1995 mit einem gemeinsamen Schuldeingeständnis, in dem sich die "Southern Baptists" für ihre Unterstützung von Sklaverei und Rassentrennung entschuldigten. In St. Louis nahmen die Baptisten nun mit großer Mehrheit eine Resolution an, in der die rund 16 Millionen Mitglieder die "Stars and Bars" genannte Südstaatenflagge als "Symbol der Sklaverei" abwerten.

In dem Text, der zum Jahrestags des rassistisch motivierten Massenmords in der schwarzen AME-Kirche von Charleston beschlossen wurde, appelliert die SBC an ihre Mitglieder. Sie sollten "die konföderierte Schlachtflagge als Zeichen der Solidarität mit dem ganzen Körper Christi, einschließlich unserer afro-amerikanischer Brüder und Schwestern" nicht länger zeigen. Moore schrieb anschließend auf seinem Blog, er habe sich "selten Tränen aus den Augen wischen müssen, aber ich habe es gerade getan".

Positives Medienecho für neuen Kurs

Während dieser Kurs der größten protestantischen Kirche in den USA ein überwiegend positives Medienecho fand, gab es Kritik an ihrer Stellungnahme zum Terroranschlag in Orlando: Wie bei anderen Kirchen fehlt auch bei den "Southern Baptist" ein klarer Hinweis auf die Opfer des Anschlags auf den Nachtclub für Homosexuelle und Transpersonen (LGBT). Der scheidende Präsident des Zusammenschlusses, Ronnie Floyd, redete vor dem Jahrestreffen dann Klartext. "Der Angriff auf homosexuelle Amerikaner ist ein Angriff gegen uns alle", betonte er. Christen sollten und dürften sich in keiner Weise an Bigotterie gegen irgendeine Gruppe beteiligen.

Die Baptisten wählten in St. Louis auch eine neue Führung: Der neue Präsident der SBC heißt Steve Gaines und stand bisher einer Gemeinde in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee vor.

 


Quelle:
KNA