Bedford-Strohm stellt sich Wiederwahl als EKD-Ratsvorsitzender

Die Kraft des Glaubens spüren

Seit einem Jahr steht Heinrich Bedford-Strohm an der Spitze des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Auf der kommenden Synode in Bremen stellt er sich der Wiederwahl - das Reformationsjubiläum 2017 vor Augen.

 Bedford-Strohm nach der Wahl  (dpa)
Bedford-Strohm nach der Wahl / ( dpa )

KNA: Herr Landesbischof, Sie haben den Ratsvorsitz ein Jahr vor Ende der Amtszeit übernommen. Konnten Sie in dieser Zeit verwirklichen, was Sie sich vorgenommen haben? Welche Akzente konnten Sie setzen?

Bedford-Strohm: In erster Linie hat uns in diesem Jahr als Kirche natürlich ein Thema sehr bewegt, das uns alle derzeit berührt, und das ist die Situation der Flüchtlinge. Das ist ein Kernthema unseres christlichen Glaubens: Es geht um Menschen in Not, die ihre Heimat verlieren und fliehen müssen. Das sind Kernthemen der Bibel. Wenn wir als Christen ernst nehmen, was Christus selbst gesagt hat: "Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen" können wir gar nicht anders, als uns hier einzumischen.

KNA: Die ursprünglich geplante Denkschrift zum Thema Sexualität konnte nicht als solche erscheinen und ist nun als Autorenwerk veröffentlicht worden. Was - abgesehen von den Verfahrensfragen - hindert den vorliegenden Text daran, vom Rat der EKD übernommen zu werden?

Bedford-Strohm: Die Publikation von Peter Dabrock, Cornelia Helfferich und anderen ist nicht ein in der Schublade gehaltener Denkschriftentwurf, sondern ein eigenständiger wichtiger Beitrag zu der in Kirche und Gesellschaft geführten Debatte zur Sexualethik, den ich begrüße. Die gesellschaftliche Debattenlage braucht die Vielfalt der Stimmen. Sie braucht aber auch Zeit und die Bereitschaft, sehr sorgfältig und respektvoll aufeinander zu hören.

KNA: Das beherrschende Thema der nächsten beiden Jahre wird für die EKD das Reformationsjubiläum sein, das, wie inzwischen präzisiert, als "Christusfest" gestaltet werden soll. Was bedeutet dies konkret für die geplanten Hauptveranstaltungen?

Bedford-Strohm: Christus soll im Mittelpunkt allen Gedenkens und Feierns stehen. Denn das war genau, was Martin Luther mit der Reformation wollte: neu auf Christus hinweisen und das Evangelium neu zur Geltung bringen. Das wird die Veranstaltungen prägen. Wenn sich zum Kirchentag in Berlin und Wittenberg und zur Weltausstellung "Tore der Freiheit" in Wittenberg mehrere zehntausend Jugendliche versammeln, dann wird die große Kraft, die vom christlichen Glauben ausgeht, spürbar werden.

KNA: Inwiefern kann das Jubiläumsjahr zur Weiterentwicklung der Ökumene in Deutschland beitragen? Was erhoffen Sie sich vor allem im Blick auf die katholische Kirche?

Bedford-Strohm: Ich glaube, dass auch die katholische Kirche, die in jener Zeit Luthers Kirche war, etwas zu feiern hat, denn auch sie hat sich ja erneuert und dabei von Impulsen der Reformation profitiert. Umso mehr freue ich mich, dass wir unter dem Leitwort eines Christusfestes das Jubiläumsjahr nun gemeinsam begehen. Der Reformation ging es nie darum, eine bestimmte Konfession zu stärken, sondern die Kirche zu erneuern. Ich sehe da viel ökumenischen Willen auf allen Seiten, neu aufzubrechen.

KNA: Derzeit ist vielerorts die Hilfe für Flüchtlinge ein ganz praktisches Bewährungsfeld für die Kirchengemeinden unterschiedlicher Konfessionen. Hat dies auch Rückwirkungen auf die "offizielle" Ökumene?

Bedford-Strohm: In der Frage, wie wir mit Flüchtlingen, die in der Not zu uns kommen, umgehen, passt kein Blatt zwischen unsere Kirchen. Die mehr als 200.000 Menschen, die sich in unseren Gemeinden ehrenamtlich für Flüchtlinge engagieren, haben nicht die Konfession, sondern das Wohl der Flüchtlinge, die Liebe zu ihren Mitmenschen im Blick. Das ist, worauf es jetzt ankommt: den bedürftigen Menschen so gut es eben geht zu helfen.

Das Interview führte Norbert Zonker.


Quelle:
KNA