Integrations-Expertin Erpenbeck zur Interkulturellen Woche

Fröhliches Begegnen und ernsthaftes Diskutieren

Seit 40 Jahren gibt es die Interkulturelle Woche. In dieser Zeit sei das Miteinander Leben an vielen Stellen selbstverständlicher geworden, sagt Gabriele Erpenbeck vom Vorbereitungsausschuss im Interview mit domradio.de.

40. Interkulturelle Woche: Eröffnung in Mainz / © Heike Rost (KNA)
40. Interkulturelle Woche: Eröffnung in Mainz / © Heike Rost ( KNA )

domradio.de: Bundespräsident Gauck hat zur Eröffnung gesagt, unsere Aufnahmekapazität sei begrenzt. Das kann räumlich gemeint sein aber damit kann auch die begrenzte Bereitschaft der Deutschen gemeint sein, immer mehr fremde Kultur ins Land zu lassen. Wie sehen Sie das Ganze?

Gabriele Erpenbeck (Vorsitzende des ökumenischen Vorbereitungsausschusses zur Interkulturellen Woche): Ich habe das nicht so verstanden, dass er meint, wir Deutschen allgemein wollten nicht mehr fremde Kultur ins Land lassen. Ich glaube, er hat mehr von den tatsächlichen Problemen der Aufnahme und der Unterbringung gesprochen. Und wie im Augenblick sehr sehr viele Menschen - Haupt- und Ehrenamtliche - versuchen, die Menschen erstens freundlich zu empfangen aber dann auch menschenwürdig unterzubringen und sie auf ihren ersten Schritten hier in diese Gesellschaft zu begleiten. So habe ich ihn verstanden, denn er hat auch davon gesprochen, dass Deutschland das Land der Zuversicht ist, mit diesen Fragen auch fertig zu werden.

domradio.de: Die Interkulturelle Woche findet ja jedes Jahr statt. Würden Sie denn sagen, 2015 ist vermutlich das bislang wichtigste Jahr?

Erpenbeck: Es ist ein Jahr, in dem die interkulturelle Woche unter ganz neuen und ungeahnten Voraussetzungen stattfindet. Wir hatten aber ähnliche Situationen, die man zumindest ansatzweise vergleichen kann. Wenn man mal zurückdenkt an 1989/90, an die Menschen, die aus der ehemaligen DDR kamen, der Fall der Mauer, dann Anfang der 90er Jahre die Bürgerkriegsflüchtlinge vom Balkan. Auch das waren auch schon besondere Situationen. Wir sind also ein bißchen geübt darin, unsere Programme auch an spontane Entwicklungen anzupassen.

domradio.de: 500 Orte nehmen an dieser Interkulturellen Woche teil. Was steht denn da auf dem Programm?

Erpenbeck: Die Hauptüberschrift der Programme ist "Begegnung". Begegnung mit Menschen, die zugewandert sind, Austausch, Kennenlernen. Das kann stattfinden bei Vorträgen, Diskussionen, bei Theateraufführungen, Filmen, miteinander kochen, miteinander Fußball spielen. Das sind ganz unterschiedliche Dinge. An den allermeisten Orten ist es eine Mischung aus fröhlichem Begegnen und ernsthaftem Diskutieren über die Alltagsfragen, die die Menschen vor Ort bewegen im Zusammenleben.

domradio.de: Seit 40 Jahren gibt es jetzt die Interkulturelle Woche, damals noch gestartet als Woche der ausländischen Mitbürger. Was hat sich denn sonst noch verändert über die Jahre, außer dem Titel?

Erpenbeck: Das Miteinander Leben ist an vielen Stellen sehr viel selbstverständlicher Geworden. Es ist deutlicher geworden, dass diejenigen, die dazugekommen sind, in dieser Woche insbesondere in den Mittelpunkt gestellt werden sollen. Und vor allem ist die Betonung inzwischen, dass wir gemeinsam - alle zusammen - nach Wegen suchen müssen, dass diese Gesellschaft für alle lebenswert bleibt.


Quelle:
DR