Rom hat jetzt einen Martin-Luther-Platz

Willkommen auf der "Piazza Martin Lutero"

Die Vergabe von Straßennamen in den Städten Europas sorgt eher selten für Schlagzeilen. Aber dass in Rom künftig ein Platz den Namen Luthers trägt, ist für Kenner der Kirchengeschichte schon eine besondere Kombination.

Autor/in:
Thomas Jansen
Piazza Martin Lutero (dpa)
Piazza Martin Lutero / ( dpa )

Zwei Jahre vor dem Reformationsjubiläum entdeckt auch die Stadt Rom Martin Luther (1483-1546). Am Mittwoch taufte Bürgermeister Ignazio Marino in einem Park nicht weit vom Kolosseum einen Platz auf den Reformator aus Wittenberg: "Piazza Martin Lutero" heißt der Flecken Erde auf dem Hügel Oppio fortan.

Oberbürgermeisterin aus Luthers Geburtsstadt nahm an Zeremonie teil

Damit greift die Stadt Rom eine Anregung der evangelisch-lutherischen Gemeinde Roms auf. Sie hatte dem Stadtrat 2009 vorgeschlagen, einen Platz oder eine Straße nach Martin Luther zu benennen. Deren Pfarrer, Jens-Martin Kruse würdigte die Entscheidung während der Zeremonie als "Zeichen eines weltoffenen Roms" und "Ausdruck gelebter Ökumene".

Zu der "Einweihung" war auch eigens Besuch aus Luthers Heimat angereist: Die Oberbürgermeisterin seiner Geburtsstadt Eisleben, Jutta Fischer kam mit einer Delegation aus Sachsen-Anhalt nach Rom.

Zu den schönsten Orten der Ewigen Stadt zählt der Martin-Luther-Platz freilich nicht. In seiner Mitte befindet sich ein äußerst schlichter großer Brunnen, der derzeit außer Betrieb ist. Eingezäunt wird er von einer Steinmauer. Darauf stehen Nachbildungen antiker Amphoren, zum Teil erheblich beschädigt. In der Nachbarschaft befinden sich ein Kulturzentrum der Ägyptischen Botschaft, ein Kinderspielplatz, großzügige Mehrfamilienhäuser und die antiken Ruinen der römischen Kaiser Titus und Trajan, die weiträumig abgesperrt sind.

Römer verwechseln ihn mit Matin Luther King

"Theologe der Reformation" steht als Erläuterung auf dem neuen Straßenschild. Dass es in Sachen Luther noch einigen Aufklärungsbedarf in Rom gibt, zeigt die Reaktion des Kellners der Cafe-Bar an der neuen "Piazza Martin Lutero". Noch eine Stunde vor Beginn der Zeremonie vermutet er, dass der Platz wohl "Piazza Martin Luther King" heißen werde. Der US-Bürgerrechtler Luther ist in Italien oft bekannter als der Reformator gleichen Namens; schließlich zählt die Evangelische Kirche in Italien nicht einmal 10.000 Mitglieder.

Ob Luther selbst während seines Rom-Aufenthalt je auf dem Platz war, der nun nach ihm benannt wird, lässt sich nicht feststellen. Die evangelisch-lutherische Gemeinde hätte jedenfalls lieber einen anderen Ort nach Luther benannt: die Treppe neben der Basilika Santa Maria del Popolo, die von der Piazza del Popolo hinauf zum Hügel Pincio führt. Denn hier befindet sich das Augustinerkloster, in dem der Augustinermönch Luther während seines Rom-Aufenthalts nach Auffassung von Historikern gelebt haben könnte. Sicher ist das freilich ebenso wenig wie das exakte Datum. Einige Historiker gehen von einem Aufenthalt im Winter 1510 aus, andere von einer Reise ein Jahr später. Auch der Anlass bleibt weitgehend im Dunkeln. Fest steht nur, dass es sich um einen Streitfall innerhalb von Luthers Orden handelte.

Wie dem auch sei: Der Martin-Luther-Platz kann durchaus auch als späte Geste der Aussöhnung Roms mit dem Protestantismus gelten. Denn bis zum Untergang des Kirchenstaates 1870, also bis zum Ende der päpstlichen Heerschaft über die Stadt, durften in Rom keine nichtkatholischen Kirchen gebaut werden. Die Protestanten feierten ihre Gottesdienste daher bis zur Gründung des laizistischen Königreichs Italien in der Kapelle der Preußischen Gesandtschaft beim Heiligen Stuhl. Und damit nicht genug: Protestanten durften ebenso wie andere Nichtkatholiken nur auf dem sogenannten "Nichtkatholischen Friedhof" außerhalb der Stadtmauern an der Cestius-Pyramide beerdigt werden.

Papst Franziskus besucht im November die evangelisch-lutherische Gemeinde Roms

Diese Zeiten sind vorbei. Am 15. November besucht Papst Franziskus die rund 500 Mitglieder zählende evangelisch-lutherische Gemeinde Roms. Er ist nach Johannes Paul II. und Benedikt XVI. der dritte Papst, den die überwiegend deutschsprachigen Protestanten in der römischen Hauptstadt begrüßen können. Franziskus wird dann wie seine Vorgänger den Sound der Reformation hören: Die Glocken der evangelisch-lutherischen Christuskirche sind eine Kopie des Geläuts der Schlosskirche in Wittenberg. Und wenn der Wind günstig steht, kann man ihr Läuten vielleicht auch auf der "Piazza Martin Lutero" hören.

 


Quelle:
KNA