Sachsens neuer Landesbischof Carsten Rentzing

Nach innen und außen viel zu tun

Carsten Rentzing ist ab diesem Samstag Sachsens neuer Bischof. Er muss die Evangelische-Lutherische Landeskirche einen und zugleich in einer Gesellschaft Position beziehen, die nach Pegida-Protest und in der Flüchtlingskrise bedrohliche Risse zeigt.

Carsten Rentzing, Evangelischer Landesbischof in Sachsen, am 31.5.15 (epd)
Carsten Rentzing, Evangelischer Landesbischof in Sachsen, am 31.5.15 / ( epd )

Sachsen hat ab Samstag (29. August) einen neuen evangelischen Landesbischof. Mit dem Übergang von Jochen Bohl (65), der in den Ruhestand tritt, zum 47-jährigen Carsten Rentzing wird mehr als nur ein Generationswechsel vollzogen: Bohls Stellungnahmen zu kirchlichen und gesellschaftlichen Fragen waren von liberaler Haltung geprägt. Rentzing hat sich bisher deutlich im theologisch konservativen Spektrum positioniert. Nun rückt der Gemeindepfarrer aus dem Vogtland an die Spitze aller sächsischen Protestanten.

Die Synode hatte sich am 31. Mai erst im sechsten Wahlgang mit 40 von 78 Stimmen denkbar knapp für den Kandidaten von der Gemeindebasis entschieden: Der gebürtige Berliner war bisher Pfarrer im vogtländischen Markneukirchen und zuvor lange Jahre in Annaberg-Buchholz im Erzgebirge. Rentzing selbst hatte nicht mit seinem Sieg gerechnet. Nun wird er in der Dresdner Kreuzkirche feierlich in sein Amt eingeführt und Vorgänger Bohl in den Ruhestand verabschiedet.

Gräben innerhalb der Landeskirche gezogen

Was den alten und den neuen Bischof eint, ist die Sorge um die Einheit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. Diese schien zeitweise in Gefahr. Denn die mit pietistischen Strömungen durchzogene Kirche stritt jahrelang erbittert über die Frage, ob schwule und lesbische Theologen gemeinsam mit ihren Partnern im Pfarrhaus leben dürfen.

Erst im Frühjahr wurde die Kontroverse auf der Tagung der Synode offiziell beendet. Doch die Gräben sind gezogen. Nicht nur das knappe Wahlergebnis teilte die Landeskirche quasi in zwei Hälften. Den Liberalen stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Synodenpräsident Otto Guse setzte noch eins drauf: Nicht alle hätten Rentzing "aus Überzeugung gewählt".

"Ich vertrete nicht nur einen Teil der Kirche", sagte der künftige Bischof dem Evangelischen Pressedienst (epd). Rentzing betonte, dass er Bischof der gesamten Landeskirche sein werde - auch für "die, die skeptisch sind". Er wolle "für jeden ein offenes Ohr und ein offenes Herz" haben. Er setze auf Kommunikation, habe freilich ein klares theologisches Profil.

Den schwer errungenen Kompromiss in der Pfarrhausfrage stellt er nicht infrage: "Ich werde nicht gegen die Homo-Ehe wettern." Er halte es für vorstellbar, dass es unter seiner Leitung gleichgeschlechtliche Paare in Pfarrhäusern geben wird, "wenn die Bedingungen des sächsischen Kirchenleitungsbeschlusses erfüllt sind". Dennoch müsse die Kirche "überlegen, welche Signale sie gibt".

Unterschiedliche Sichtweisen ins Boot holen

Weiter will Rentzing seine umstrittenen Äußerungen über Homosexuelle nicht kommentieren. Bei MDR-Info sagte er am Samstag, er habe damit kein Signal setzen wollen. "Es ist eine alte Debatte, die wir führen. Dazu bin ich befragt worden und habe ich mich so geäußert, wie schon viele Jahre zuvor auch."

Gemeindemitglieder sagen über Rentzing, er könne verschiedene Sichtweisen ins Boot holen. Das wird er brauchen, denn nicht nur zwischen den evangelischen Christen gibt es in Sachsen Risse. Das Thema Pegida hat in den vergangenen Monaten Gräben in der Gesellschaft deutlich gemacht, und auch die Flüchtlingsfrage hat sich im Freistaat mit Freital und Heidenau extrem zugespitzt. "Diese Vorfälle bewegen mich, uns alle glaube ich, sehr", sagte der neue Landesbischof bei MDR-Info. Zu Flüchtlingen müsse auch die Kirche Stellung beziehen. Viele Gemeinden engagierten sich bereits, etwa indem sie Pfarrhäuser zur Verfügung stellten. Das müsse verstärkt werden.

Drängend bleiben auch die angestoßenen Veränderungen in der Kirche selbst. Sicher ist, dass der neue Bischof Strukturreformen fortsetzen muss. Die Mitgliederzahl der Landeskirche ist auf rund 740.000 gesunken. Der promovierte Theologe Rentzing, der sich selbst als "fröhlichen Lutheraner" bezeichnet, will nach eigenen Aussagen die Öffentlichkeit suchen. Er gestand bei MDR-Info ein, dazu keinen Masterplan in der Tasche zu haben. Man könne jedes ausgetretene Gemeindemitglied nur einzeln zurückgewinnen. "Die Aufmerksamkeit für den Einzelnen, ganz eng an seinem Leben und ganz eng an seiner Lebenswirklichkeit, das ist eine Aufgabe, die nur von allen Christen gemeinsam gelöst werden kann. Die Suchbewegung nach einem Lebensweg ist schon da bei vielen Menschen. Auch die Frage nach Gott begegnet mir immer wieder", sagte Rentzing.

Seine Kraft nimmt der Vater von vier Kindern aus dem stillen Gebet: Bisher zog er sich dafür wenigstens einmal am Tag in die Markneukirchner Nikolaikirche zurück. Oft war er dabei allein - ganz in der Stille. Das dürfte sich nun ändern. Rentzings neues Büro ist nur wenige Schritte von der Dresdner Frauenkirche entfernt. Einsamer Beter dürfte er in dem stark besuchten Gotteshaus nicht mehr sein.


Quelle:
epd , KNA