Gauck: Protestanten sind oft pessimistischer

Katholische Lebensfreude

Bundespräsident Joachim Gauck hat seinen evangelischen Schwestern und Brüdern einen Hang zum Pessimismus attestiert. "Ich preise manchmal meinen Schöpfer, dass er die Katholiken erschaffen hat", sagte er beim Evangelischen Kirchentag.

Bundespräsident Joachim Gauck am 3.6.15 in Stuttgart bei der Eröffnung des Evangelischen Kirchentags (dpa)
Bundespräsident Joachim Gauck am 3.6.15 in Stuttgart bei der Eröffnung des Evangelischen Kirchentags / ( dpa )

Die Katholiken tendierten eher dazu, sich über das Erreichte zu freuen, so Gauck weiter. Seine Auffassung, wonach sich die Deutschen besonders wohlfühlen, wenn ihnen unwohl ist, lasse sich gerade auch in protestantischen Milieus festmachen, erläuterte der ehemalige evangelische Pfarrer.

Zukunft in die eigene Hand nehmen

Gauck hat sich bei seinem Hauptvortrag auf dem Kirchentag außerdem gegen pauschalen Kulturpessimismus gewandt. "Ich hätte es auch lieber, wenn alle in der Schule Altgriechisch lernen würden", sagte Gauck am Donnerstag in Stuttgart. Aber die Welt befinde sich nun einmal im Wandel. Deswegen könne er beispielsweise auch jene verstehen, die Bildung nicht nur als Selbstzweck verstünden, sondern ein rationales Verhältnis dazu pflegten und ihre Studienfächer nach späteren Verdienstmöglichkeiten wählten.

Vor mehreren Tausend Zuhörern rief das Staatsoberhaupt die Bundesbürger dazu auf, ihre Zukunft in die eigene Hand zu nehmen. Nie zuvor habe es in Deutschland ein vergleichbares Maß an Freiheit gegeben wie heute, betonte Gauck. Diese gelte es, zu nutzen. «Ihr seid nicht ohnmächtig, ihr seid Herren, ihr könnt gestalten!»

Verantwortung dürfe nicht einfach an die Politik delegiert werden, forderte der Bundespräsident. Auch wenn "die Sehnsucht nach Shalom", nach Frieden, gerade auf Kirchentagen viele dazu verleite, "auf zu banale Weise" ihre Forderungen an die Politik weiterzureichen.

Für Befreiung der Menschen

In der aktuellen Debatte um die Homo-Ehe hat Bundespräsident Joachim Gauck Sympathie für eine weitere Aufwertung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften erkennen lassen. Der Bundespräsident sagte, er habe in seinem Leben mehrere Phasen seines Glaubens durchgemacht.

Heute nehme er es als Geschenk war, dass dieser Glaube "und mein unbedingtes Ja zur Aufklärung" zueinander passten. "Aus dem Grunde bin ich für all das, was Menschen befreit und von Entfremdung löst", sagte er.  Konkrete Empfehlungen an die Politik wollte Gauck mit dem Verweis auf die übliche Zurückhaltung des Bundespräsidenten bei Gesetzesvorhaben nicht formulieren.


Quelle:
KNA , epd