EKD-Ratsvorsitzender Bedford-Strohm zur Einheit der Konfessionen

"Auf dem richtigen Weg"

Mit einem ökumenischen Gottesdienst geht am Sonntag die Gebetswoche für die Einheit der Christen zu Ende. Domradio.de sprach mit dem EKD-Ratsvorsitzenden Bedford-Strohm über die Bedeutung der Ökumene - auch gegenüber dem Islam. 

Heinrich Bedford-Strohm (dpa)
Heinrich Bedford-Strohm / ( dpa )

domradio.de: Das Motto der Woche wurde in Brasilien festgelegt. Beim Blick auf katholische, evangelische und natürlich auch orthodoxe Christen richtet sich die meiste Aufmerksamkeit natürlich auf die deutsche Kirche. Würde ein Blick in andere Länder uns manchmal auch gut tun?

Heinrich Bedford-Strohm: Es ist ganz bestimmt so. Man kann Kirche, deswegen auch Gebetsgemeinschaft überhaupt, nicht anders verstehen, als als Weltkirche, als Gemeinschaft von Schwestern und Brüdern, um Christus herum, die eben keine nationalen und keine kulturellen Grenzen kennt. Deswegen ist es so eine tolle Sache, dass wir aus anderen Ländern, aus anderen Kulturen immer wieder diese Impulse für uns selbst hier bekommen.

domradio.de: Wie habe Sie das Motto "Gib mir zu trinken" verstanden? Was sagt uns das für die Ökumene?

Bedford-Strohm: "Gib mir zu trinken" ist ein Motto, was die Gastfreundschaft zum Ausdruck bringt. In dieser wunderbaren Geschichte von Jesus und der Samariterin am Brunnen, kommt beides zusammen: Dass hier wirklich materiell einer dem anderen zu trinken gibt, aber auch gleichzeitig das Spirituelle dahintersteht.

Die Lebenskraft, die mehr als nur das Wasser ist, die aber hinter dem Wasser steht. Das ist etwas ganz Wichtiges. Das ist genau das, was wir brauchen. Wir brauchen ganz materiell die Dinge zum Leben, aber wir brauchen eben mehr. Wir brauchen Geist, wir brauchen Begeisterung und wir brauchen auch die Kraft des Glaubens um leben zu können.

domradio.de: Diese Gebetswoche für die Einheit der Christen gibt es schon etliche Jahre. Glauben Sie, dass im Alltag viel zu viel über Ökumene geredet und diskutiert wird und gleichzeitig zu wenig gebetet?

Bedford-Strohm: Man sollte das nicht gegeneinander ausspielen, auch das Diskutieren ist manchmal wichtig. Es kann aber gar kein Zweifel daran bestehen, dass das Gebet eine ganz wesentliche Kraft der Einheit ist. Das Gebet richtet sich auf Christus und Christus ist derjenige, der uns immer wieder zusammenführt.

Konfessionen können sich nie selbst verabsolutieren, sondern Konfessionen können immer nur etwas sein, was von der jeweils eigenen Tradition her auf Christus hinweist. Wenn wir zu Christus beten, dann heißt es auch, dass wir uns immer wieder von Neuem neu ausrichten lassen, von Christus und uns die Kraft geben lassen. Da ist das Gebet ganz wichtig.

domradio.de: Diese Woche stand im Zeichen des Gebetes. Was nehmen Sie mit aus dieser Woche? Gibt es da vielleicht so einen Gedanken, der Sie in Ihrem ganz persönlichen ökumenischen Bemühen gestärkt hat?

Bedford-Strohm: In dieser Woche hat uns ja alle sehr das Verhältnis der Religionen bewegt. Nach den Terroranschlägen von Paris und den Auseinandersetzungen um den Islam. Da haben wir ein Zeichen gesetzt. In dem Gottesdienst, den ich zusammen mit Kardinal Marx und anderen in München zur Eröffnung gehalten habe, haben wir erstmals in der Geschichte der Gebetswoche zur Einheit der Christen auch Muslime und Juden eingeladen. Sie haben auch ein Grußwort bei dem Empfang hinterher gesprochen.

Darin hat sich ausgedrückt, dass die Gebetswoche zu Einheit der Christen sich nie gegen andere Religionen richtet, sondern eine Einladung dazu ist, aus der authentischen Kraft unseres christlichen Glaubens wertschätzend und annehmend mit anderen Menschen umzugehen. Das heißt natürlich auch, uns für ihre Religionen zu interessieren und nach Wegen zu suchen, dass wir als Religionen zur Kraft des Frieden und der Versöhnung in der Gesellschaft werden können.

domradio.de: Ist denn dann eine konfessionelle christliche Einheit auch vielleicht ein Plus für den interreligiösen Dialog mit Juden, Buddhisten oder Muslimen? 

Bedford-Strohm: Ganz bestimmt! Die Einheit ist eine ganz wesentliche Dimension eines authentisch gelebten Christseins. Wir können nicht zu Christus beten und die Grenzen, die wir untereinander aufrichten, aufrechterhalten. Um unsere Religion und unseren Glauben authentisch zu leben, ihn deswegen auch ausstrahlen zu lassen und mit anderen Religionen ins Gespräch zu bringen, brauchen wir die Einheit.

domradio.de: In zweieinhalb Jahren, am 31. Oktober steht das große Reformationsgedenken an. 500 Jahre Thesenanschlag Martin Luthers. In ganz Deutschland wird das einmalig ein Feiertag sein. Noch immer wird viel darüber diskutiert, wie man auch die katholischen Christen einbinden kann. Wie sehen Sie da den aktuellen Stand?

Bedford-Strohm: Das ist für mich ganz wesentlich. Dieses Reformationsjubiläum oder auch Reformationsgedenken soll kein Fest der protestantischen Selbstbeweihräucherung werden. Es soll auch kein Heldengedenken von Martin Luther werden. Es soll das für Martin Luther Entscheidende zum Ausdruck bringen: Nämlich neu auf Christus hinweisen. Darum ist es Martin Luther damals gegangen und genau das müssen wir heute tun. Wir sollen nicht neue Hürden zwischen den Konfessionen aufrichten. Es geht darum das Evangelium, diese wunderbare Botschaft in der heutigen Zeit, in einem schwieriger gewordenen Umfeld, gerade hier in Deutschland, in Europa, neu zur Geltung zu bringen. Das können wir nur gemeinsam als Konfessionen.

Deswegen freue ich mich sehr darüber und bin auch mit Kardinal Marx in einem wunderbaren Gespräch darüber, dass wir dieses Reformationsjubiläum nutzen, um es als großes Christusfest zu feiern, um auf Christus neu hinzuweisen. Da werden wir uns natürlich als Evangelische über unsere Traditionen freuen, über die Impulse, die Martin Luther gegeben hat, die die Kirche erneuert haben. Wir werden auch darüber reden, dass die katholische Kirche sich erneuert hat. Insofern ist auch für die katholische Kirche durchaus Anlass zum Feiern da. Aber gleichzeitig gibt es uns natürlich auch Anlass zur Buße, dass wir uns getrennt haben, dass wir mit Gewalt in Konfessionskriegen uns gegenseitig kaputt gemacht haben. Das alles ist nichts, worauf man stolz sein kann. Deswegen gibt es auch Anlass zur Buße. Feiern und Buße, beides gehört zusammen.

domradio.de: Werden Sie auch mit Papst Franziskus noch sprechen?

Bedford-Strohm: Das kann ich jetzt noch nicht sagen, aber es gibt ja auch andere, die dafür sorgen, dass der Kontakt mit Rom selbst lebendig und kontinuierlich ist. Der lutherische Weltbund spielt dabei eine wichtige Rolle. Ebenso wie die katholische Kirche ist auch die evangelische Kirche eine Weltkirche. Insofern gibt es da auf vielen Ebenen Kontakte. Was mich persönlich betrifft, da wird sicherlich irgendwann der Fall eintreten, dass ich nach Rom fahre. Da gibt es Überlegungen, die sind aber noch nicht reif.

domradio.de: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, so unrealistisch wie Sie mögen, wie steht es um die Ökumene 2017?

Bedford-Strohm: Der Wunsch ist ganz einfach. Dass wir zur Einheit der Kirchen finden. Dass die Dinge, die jetzt noch zwischen uns stehen, aus dem Weg geräumt sind. Und dass wir alle, was wir jetzt an so viele Orten schon fühlen, dass wir wirklich eins sind um Christus herum. Dass das sich auch in den institutionellen Zusammenhängen wirklich zeigt. Das ist mein großer Wunsch. Da sind wir, glaub ich, auf einem guten Weg.

domradio.de: Auch bis 2017 schon?

Bedford-Strohm: Bis 2017 wird es sicherlich noch keine organisatorische Einheit der Kirchen geben, aber dass das Vertrauen weiter wächst und dass wir an bestimmten Punkten Dinge zusammen machen, wenn wir zum Beispiel in die Öffentlichkeit gehen, uns eben nicht separat in den Konfessionen zu Wort melden, sondern gemeinsam. Das kann 2017 schon deutlich werden und auch da sind wir schon jetzt immer wieder dran und auf einem guten Weg.

Das Interview führte Matthias Friebe.


Ökumenischer Gottesdienst mit Kardinal Marx (z.v.r.) und Bedford-Strohm (z.v.l.) / © Sebastian Widmann (KNA)
Ökumenischer Gottesdienst mit Kardinal Marx (z.v.r.) und Bedford-Strohm (z.v.l.) / © Sebastian Widmann ( KNA )

Reinhard Kardinal Marx (dpa)
Reinhard Kardinal Marx / ( dpa )
Quelle:
DR