Kirchentagspräsident verteidigt radikale Friedens-Initiative

"Schärfer kam zu kurz"

Kirchentagspräsident Reinhard Höppner hat seinen Aufruf zu Friedensgesprächen auch mit Terroristen und den afghanischen Taliban verteidigt. Sein radikaler Appell sei auch eine Antwort auf das Klagen über fehlende Visionen. "Wir können nicht visions- und perspektivlose Zeiten beklagen, wenn wir es nicht wagen, eine Schneise aufzuzeigen."

 (DR)

"Das gehört dazu"
Von der Losung des Kirchentages "Lebendig und kräftig und schärfer" sei ihm bei dem Kölner Treffen das Stichwort schärfer zu kurz gekommen, sagte Höppner weiter. Deswegen habe er das Beispiel der radikalen Feindesliebe gewählt. Dieser Aufruf zu Feindesliebe sei evangeliumsgemäß. Dass dies Anstoß erregt habe, wundere ihn nicht. "Das gehört dazu", so der Kirchentagspräsident.

Aus den Reihen der CDU/CSU war der Kirchentagspräsident wegen seiner Äußerungen kritisiert worden. Zustimmung erhielt Höppner hingegen vom SPD-Vorsitzenden Kurt Beck. Am Ende werde nichts anderes übrig bleiben, als nach Versöhnung und Interessenausgleich zu suchen, sagte Beck in einem epd-Interview. Mit den Kräften, mit denen man reden könne, müsse man zu jeder Zeit den Dialog suchen. "Denn es gibt am Ende nur politische Lösungen", so Beck. Nach einem Afghanistan-Besuch hatte der SPD-Chef Anfang April eine neuen Friedenskonferenz unter Teilnahme moderater Taliban angeregt.

Auch die Taliban und die Terroristen
Beim Abschlussgottesdienst des evangelischen Kirchentages in Köln hatte Höppner am Sonntag dazu aufgerufen, auch mit Terroristen und den radikalislamischen Taliban zu verhandeln. "Nur wo auch mein Feind einen menschenwürdigen Platz hat, kann Frieden werden", sagte er.
"Auch die Taliban und die Terroristen? Jesus sagt: Liebet eure Feinde. An Schärfe lässt sich das Wort Gottes kaum überbieten. Ja, auch sie gehören an den Verhandlungstisch", forderte der frühere Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt.

Es gebe ein weit verbreitete Haltung, dass man das Böse nur ausrotten müsse, damit die Welt gut werde, argumentierte Höppner. Auch im Umgang mit sogenannten Schurkenstaaten scheine dies in gewisser Weise Leitlinie der Politik zu sein. "Das ist schlicht falsch und unbiblisch", so der Kirchentagspräsident.

Es funktioniere nicht nach dem Muster, dass die Welt gut werde, wenn man die Bösen mit militärischen Mitteln ausschalte. Längerfristig führe nichts daran vorbei, auch mit seinen Feinden ins Gespräch zu kommen, wenn man Frieden schließen wolle. In Europa sei dafür Nordirland ein Beispiel. Dort habe es Jahrzehnte gedauert, bis die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch kamen, ergänzte Höppner.