Klima zwischen Protestanten und Muslimen bleibt verhärtet

Auch ein Kirchentag kann die Wogen nicht glätten

Das Klima zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und den Muslimen bleibt verhärtet. Beim Kirchentag in Köln gab es am Donnerstag heftige Wortgefechte zwischen dem EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber und dem Sprecher des Koordinierungsrats der Muslime in Deutschland (KRM), Axel Ayyub Köhler. Die Generalsekretärin des Kirchentags, Ellen Ueberschär distanzierte sich indirekt von der Position der EKD.
Es sei wichtig für den gesellschaftlichen Frieden, den Dialog mit den Muslimen zu führen und dabei bei den ganz konkreten Sorgen der Menschen anzusetzen.

 (DR)

Köhler warf der EKD eine Stärkung der Islamfeindlichkeit vor. Er wünschte sich einen "Berliner Religionsfrieden" für die Rechte islamischer Gläubiger. Dieser könne in der von der Bundesregierung ins Leben gerufenen Islamkonferenz geschlossen werden. Die Verfassung garantiere die Religionsfreiheit der Muslime. Doch in der Wirklichkeit stehe in Deutschland eine Mentalität im Wege, "die nicht-christliche Religionen nicht als gleichwertig anerkennen will". Auch der Direktor des Essener Zentrums für Türkeistudien (ZfT), Faruk Sen, kritisierte unterdessen, den Deutschen mangele es an Bereitschaft zur Integration von Muslimen. Obwohl sie seit Jahrzehnten Bestandteil der Gesellschaft seien, würden sie nicht als solcher akzeptiert, sagte er in Essen.

Huber kritisierte auf dem Kirchentag, dass Frauen in Moscheen getrennt von Männern sitzen müssen. Nirgendwo sonst habe er eine so deutliche Rangordnung gesehen wie in der "Männerdominanz" der Sitzordnung islamischer Gotteshäuser. Köhler betonte hingegen, islamische Männer hätten Frauen immer "auf Augenhöhe" behandelt. Maßgeblich sei das Vorbild des Propheten.

Erneuter Streitpunkt war das im November von der EKD veröffentlichte Positionspapier zum Verhältnis von Christen und Muslimen. Aus dieser Handreichung sprächen "Abgrenzung und eigene Profilierung", kritisierte Köhler. "Gerade von Protestanten hätten wir uns mehr Verständnis für unsere Situation erhofft." Sie hätten selbst lange leidvolle Erfahrungen bis zur Erringung ihrer Freiheit gemacht.

Imam Bekir Alboga von der Union der Anstalt für Religion (Ditib) warf Huber vor, in jüngster Zeit nicht zum Abbau der Spannungen zwischen EKD und Muslimen beigetragen zu haben. Dennoch "darf die evangelische Kirche mit unserer festen Zusammenarbeit in den nächsten Jahren rechnen". Das gemeinsame Gespräch Ende Mai in einer Mannheimer Moschee sei "ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung" gewesen.

Huber wies die Vorwürfe in der emotional geführten Debatte zurück. "In der Handreichung wird ein Generalverdacht in keinem Satz erhoben", unterstrich der EKD-Ratsvorsitzende. Der Bischof unterstrich, Toleranz bedeute "nicht Beliebigkeit, sondern eigene Überzeugung und von daher Respekt für die Überzeugung anderer."

Huber hob hervor, dass Christen in muslimischen Ländern keine ausreichende Religionsfreiheit genössen. Muslime, die zum Christentum überträten, wagten dies aus Furcht vor Repressionen nicht zu sagen. Huber erinnerte an die Ermordung von drei Mitarbeitern eines evangelischen Verlags in der Türkei. "Für uns gibt es aber keine Alternative zur Religionsfreiheit. Sie muss für Muslime in Deutschland und für Christen in der Türkei gelten", sagte Huber unter dem Applaus des Publikums.

Der Dialog zwischen Christen und Muslimen ist ein Schwerpunktthema des Kirchentags. Die EKD und die muslimischen Organisationen hatten sich im Mai zu einem Spitzengespräch getroffen. Dabei ging es auch um die Differenzen, die das EKD-Positionspapier ausgelöst hatte. Zum KRM gehören der Zentralrat der Muslime, der Islamrat, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ).