von edlen, roten Pfirischen

Winwinwin zum Advent

Der Star in der Geschichte sind nicht die seltenen, edlen, roten Pfirsiche – obwohl es ohne sie gar keine Geschichte gäbe. Der Star in der Geschichte ist unsichtbar.

Rote Pfirsiche / © Angela Krumpen  (ak)
Rote Pfirsiche / © Angela Krumpen ( ak )

Die Geschichte fängt im September an. Einen Tag vor meinem Geburtstag besucht mich ein älterer Herr, will gratulieren. Ich bitte ihn herein, koche Kaffee und verschweige, dass es noch gar nicht so weit ist.

Der alte Herr hat die 80 schon lange hinter sich gelassen. Er hat einen Eimer roter Pfirsiche dabei, erzählt von seinem Garten und davon, dass er der ganzen Erntepracht fast nur noch beim Fallen und Faulen zuschauen kann.

Am nächsten Tag bitte ich meinen gutmütigen Mann, der Gartenarbeit verabscheut, um ein Geburtstagsgeschenk: zwei, drei Stunden stehen wir bei schönstem Sommerwetter im wunderbaren Obst- und Gemüsegarten des alten Herrn. Sammeln und pflücken und heben vorsichtig edle, rote Pfirsiche auf.

Zu Hause koche ich Pfirsiche mit Zimt und Zucker, backe ein Riesenblech Pfirsichcrumble für meine Gäste und fülle viele Einweckgläser zum Einfrieren. Bald ist mein Eisschrank voll. Aber die Eimer nicht leer.

Ich erinnere mich an die Taskforce der Schule, an der ich bis vor kurzem viele Jahre Elternarbeit gemacht habe. Eine schnelle Einsatztruppe, die aus so vielen Eltern besteht, dass es eigentlich immer eine Lösung gibt.

Eine Mutter holt die Pfirsiche, am Wochenende bekomme ich die Nachricht: alles zu feinster Pfirsichmarmelade verarbeitet.

Immer am 1. Adventswochenende hat die Schule Tag der offenen Tür. Dieses Jahr gab es dort einen Tisch voller roter Gläser neben einem grünen Sparschwein. „Alte, rote Pfirsiche! Wie köstlich!“ ruft nicht nur eine Besucherin begeistert aus.

Fast 100€ Spenden landen am Ende im Sparschweinbauch. Das Geld bekommt das „Frühstück vor acht“. Zwei Wochen lang kann jetzt wieder für dieses für alle Kinder kostenlose Frühstück eingekauft werden.

Klar, ohne die roten Pfirsiche gäbe es keine Geschichte.

Aber der Star der Geschichte ist für mich der unsichtbare, feine Faden, der sich vom einen zum anderen spinnt: die Pfirsiche verfaulen nicht, die Besucher bekommen ein edles, nachhaltiges Lebensmittel, die Kinder starten nicht mit Hunger in den Tag.  

Ein Stückchen Faden aber fehlt noch, dann erst schließt sich der Kreis. Deswegen bringe ich heute dem alten Herrn ein Glas feinste, edle Pfirsichmarmelade.