Warum Briefe schreiben nicht altmodisch ist

Von Pferde-, Schnecken- und anderer Post

"Es ist viele Jahre her, dass ich zuletzt einen handgeschriebenen Brief bekommen habe", so fing ein Brief einer Freundin aus Jugendtagen an, die mich kurz vorher per email nach vielen Jahren wiedergefunden hatte. Natürlich hatte ich ihr mit einem Brief geantwortet.

                                                                                                                 / © Petar Milošević
/ © Petar Milošević

Immer öfter ernte ich dann großes Erstaunen. Ein richtiger Brief! Ja, kennt denn den heute keiner mehr? Ich fühl mich dann wie eine alte Waschschüssel im Freilichtmuseum zwischen Omas Plätteisen und Opas Schnupftabak. Nett anzuschauen, aber vom Leben überholt.

Natürlich weiß ich, dass Briefpost heute snail-mail, Schneckenpost heißt. Und natürlich schreibe ich jeden Tag zwei Dutzend Emails, weil das so viel schneller geht. Das ändert aber rein gar nichts an meiner Dankbarkeit den Erfindern der Briefe gegenüber. Im 17. Jahrhundert gab es die die erste Briefpost, finanziert die durch Beiträge des surintendant général des postes, also des Generaloberaufsehers der Post. Dieser Generaloberaufseher der Post setzte einen Preis fest, den der Empfänger für den Brief zahlen musste und dann ging es mit Pferden und einem Postillon von Poststation zu Poststation.

Also, das übernehme ich ja dann heute, das Porto. Auch, wenn es schon wieder teurer geworden ist. Musste sein, weil ich zu den Dinosauriern meiner Art gehöre, behauptet die Post jedenfalls.

Aber, Pferde hin, Schnecken her, mir ist egal, wie altmodisch Briefeschreiben heute ist. Es ist einfach die natürlichste Form, zu kommunizieren. Für mich. So kann ich mich dem, an den ich mich wenden will, in herzlicher Nähe zuneigen.

Ob im Urlaub, wenn ich eine Wartestunde im Café verbringe oder auf einer langen Zugfahrt: zuerst schärfe ich mein inneres Auge für den Adressanten: Was waren seine Hoffnungen, als ich ihn zuletzt sah? Und seine Nöte? Welchen Kummer hatte er? Überlege, was dazu sagen übrig blieb. Und was an Worten in meinem Herz seitdem gewachsen ist. Auch, wie mein Leben weitergeflossen ist. Was ihn interessiert, wonach er fragen würde. Und dann gehe ich solange in mein Herz, bis es leergeschrieben ist.

Altmodisch hin – altmodisch her. Meistens lösen die Briefe Freude aus. Noch schöner, höre ich aber oft, wäre es freilich,  könnte man meine Handschrift auch entziffern..

Vielleicht sollte ich es ja wie bei dieser Kolumne machen: erst schreiben, dann vorlesen. Audiobriefe sozusagen. Bleibt nur zu klären, wie die Post die dann wohl zustellt?