Von Rettern und Retten

Wenn die Welt an der Türe klingelt

Mein Mann hat eine seltene Krankheit. Zwar kann er kann sich ganz ausgezeichnet abgrenzen, taub sein gegen die Bitten, aufzuräumen oder gegen den dringenden Wunsch der Teenagerkinder, doch bitte, bitte nicht mit Sandalen und Socken in der Schule aufzutauchen. Aber er ist willenlos, sobald das Telefon schellt oder es an der Tür klingelt

Euromünzen und Scheine / © gemeinfrei
Euromünzen und Scheine / © gemeinfrei

Wer immer dann eine Bitte hat, sie wird im gewährt. Unzählige Abos von Zeitschriften, neue Versicherungen oder Telefontarife landen dann bei mir auf dem Schreibtisch. Was daran liegt, dass ich bei der Hochzeit beschlossen habe, ab sofort keine Besuche von Gerichtsvollziehern mehr zu tolerieren. Die kamen vorher nämlich sehr regelmäßig und ausgesprochen gerne zu Besuch. Weil sie so freundlich empfangen wurden von meinem Mann. Der kochte ihnen immer erst einen Kaffee und fragte dann: "Na, was ist es denn dieses Mal?" Er wusste, solange er seine Briefe nicht öffnet, war immer irgendwas. Knöllchen, Rechnungen, Sie wissen schon.

Damit also, fand ich, sollte Schluss sein und ernannte mich mit der Hochzeit zur offiziellen Familienbrieföffnerin. Nach und nach kündigte ich so alle doppelten Versicherungen oder uralt Vereinsmitgliedschaften, wie z.B. beim Kendoverein. Der meinen Mann sicher 30 Jahre nicht mehr gesehen, aber immer kassiert. Mit dem gewonnenen Geld konnten wir locker den ein- oder anderen Urlaub verbringen. Und alle Neuabschlüsse, (wozu bitte brauchen wir eine Fernsehzeitung, wenn wir kein Fernsehen haben?),  gingen jetzt über meinen Tisch. Darauf angesprochen, sagte mein Mann nur: „Aber der klang wie ein Student, der das Geld braucht. Ich wusste ja, dass du wieder kündigst.“  Heute ist also alles bestens geregelt. Da klingelt es an der Tür.

Ich sitze am Schreibtisch, bin alleine zu hause. Eine Dame von den Maltesern. Nein, sie mache keine Haussammlung. Sie dürfe nur neue Mitglieder werben. Es ist kalt, ihre klammen Finger dauern mein Herz. Ich biete ihr einen Kaffee an. Wir reden länger. Und ich denke, ach, so eine kleine Mitgliedschaft könnte ich ja unterschreiben. Zehn Euro im Monat, das schaffen wir. Und fein gerettet werden wir dann auch immer. Die Frau strahlt abends, als ich sie zufällig im Viertel wieder sehe, immer noch!

Eine Woche später öffne ich die Post. Das rote Kreuz bedankt sich bei meinem Mann für die neue Mitgliedschaft. Retten würden sie ihn jetzt auch immer.

Und ach, die zehn Euro im Monat schaffen wir bestimmt auch.