Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang

Tageslicht

„Mama, ich muss jetzt Schluss machen. Ist schon Nacht hier.“

Spitzen des Kölner Doms im Sonnenuntergang / © Marius Becker (dpa)
Spitzen des Kölner Doms im Sonnenuntergang / © Marius Becker ( dpa )

Nacht? Ich bin verwirrt – und suche parallel zum Internettelefonat schnell nach der lokalen Uhrzeit in Perth, Western Australia. Habe ich mich verrechnet? Nein, habe ich nicht: „Aber es sind doch erst 20 Uhr“, sage ich verblüfft in das Mikro vom Laptop.

„Ja, aber hier wird es immer so schnell dunkel.“ Ja? Und? Bin ich geneigt, zurück zu fragen. Denn: warum macht das schnelle Dunkelwerden aus acht Uhr abends mitten in der Nacht?

Aber natürlich ahne ich den Zusammenhang, habe ich doch im Hintergrund Freunde gehört: es ist Freitagabend, wahrscheinlich soll ich nicht mit nervigem Mamatalk die Nacht ins Wochenende verkürzen. Auf dem Ohr ist selbst mein ansonsten gerne sehnsüchtiges Mutterherz nicht taub. So verabschiede ich mich schnell.

Und stille meine Mamasehnsucht, in dem ich virtuell in Perth bleibe und im Netz den Alltag des Großen suchen gehe. Z.B.: wann geht die Sonne im Westen von Australien eigentlich unter? Und wann auf?

Gibt es für irgendetwas noch keine Suchmasken? Sonnenaufgänge auf der ganzen Welt finden sich jedenfalls blitzschnell.

Heute, Sonntag, den 3. November, geht die Sonne über meinem Sohn um 5 Uhr und 19 Minuten auf und um 18 Uhr und 41 Minuten unter. Dreizehn Stunden und 22 Minuten lang hat er Tageslicht. Und: Da unten ist Frühling. Sein Tag wird jeden Tag um zwei Minuten länger.

Unser Tag hingegen wird täglich kürzer. Rasant kürzer. Jeder neue Tag hat drei ein halb Minuten weniger Licht. Und dass obwohl wir heute hier am Niederrhein das Tageslicht eh nur neun Stunden und 34 Minuten lang sehen. 

Jetzt bin ich gepackt, Licht in jeder Form hat mich schon immer interessiert.

Ich finde schicke Grafiken. Fahre mit dem Curser über Tabellen und kann taggenau verfolgen, wann die Sonne auf- und wann der Mond untergeht. Oder wie lange, wo auch immer auf der Welt die nautische, die bürgerliche oder die astronomische Dämmerung dauert.

Unterdessen neigt sich die Niederrheinsonne. Der Hund muss raus. Und das mache ich wirklich lieber bei Tageslicht. Weil die Tage aber schon so kurz sind, laufe ich abends und morgens durch viel mehr zarte rosa Streifen- und tiefrote Wolkenhimmel. Das ist wunderschön. Und wunderbar.

Denn: es ist derselbe Himmel wie in Australien.