Pfingstgeist I

Lächeln ist so einfach

Sonntagnachmittag in der Fußgängerzone in Krefeld. Wir sind auf dem Weg zur sonntäglichen Pulse of Europe Demonstration. Ich bin irritiert. Als ich merke warum, bin ich irritierter

Pfingstgeist / © Rostocker
Pfingstgeist / © Rostocker

Weil: Ich verstehe kein einziges Wort. Dabei wird um mich herum eifrig geredet: ins Handy gesprochen, Mütter rufen ihre Kinder. Aber sie rufen sie eben in türkisch oder arabisch oder farsi oder was weiß ich.

Als ich meine Irritation und den Grund meiner Irritation begreife, befällt mich ein frösteliges, seltsames Gefühl: ich fühl mich ausgeschlossen.

Denn ich bin verwöhnt: dass ich gar nichts verstehe, passiert nicht so oft. Ich bin meiner alten Schule und meinen so oft gescholtenen 68erLehrern für vieles dankbar. Besonders dankbar aber dafür, dass sie vor allem eines im Sinn hatten: uns zum Teil einer neuen, friedlicheren Welt zu machen. Dazu sollten wir erst Sprachen lernen und dann in die Welt hinaus, um die Menschen kennenzulernen, die diese Sprachen sprechen.

So stand ich schon mit 11 Jahren vor einer französischen Schulklasse, so hatten wir belgische Lehrer, französische Schulbücher, wurden schnell zweisprachig. Weil das in den ersten beiden Jahren so gut klappte, lernten wir bis zum Abitur ganz regulär noch drei weitere Sprachen.

So gerüstet bin ich gut durch die Welt gekommen: in Asien mit englisch, in Lateinamerika mit spanisch, in Afrika mit französisch. Irgendwie hatte ich immer eine Möglichkeit, den Menschen Fragen zu stellen und ihre Antworten zu verstehen.

Heute ist Pfingsten. Und ich denke über das Sprachendurcheinander am allerersten Pfingstfest nach. So wie in der Apostelgeschichte davon erzählt wird, hat da plötzlich niemand mehr niemanden verstanden.

Einerseits.

Andererseits aber haben ja alle, zu denen einer der Jünger sprach, alles verstanden.

Während ich also über dieses Sprachenwunder nachdenke, fällt mir der Sonntagmittag in der Krefelder Innenstadt ein, als ich plötzlich nur noch ein Sprachengewirr um mich hörte und gerade anfing mich fremd zu fühlen.

Da lächelte mich eine junge Mutter mit Kopftuch und langem Mantel an.

Oja, denke ich, die Apostelgeschichte hat recht: es gibt die eine Sprache, die alle, alle Menschen verstehen.

Und lächele zurück.