Gerade erst war Weihnachten gewesen. Jesus? Das war das Baby in der Krippe der Kirche. Dem das Kind gerade erst seinen heißgeliebten Schnuller an der bunten Holzkette zu Heiligabend in seine Kirchenkrippe gelegt hatte. Ähm, wie kann das Baby Jesus jetzt schon so groß sein? Und wieso, bitte, hängt es an der Wand?
Wochenlang kannte das Kind kein anderes Thema. Abend für Abend beim zu Bett bringen, flogen mir seine Fragen um die Ohren: Ist der Jesus tot? Ja. Warum? Er ist umgebracht worden. Warum? Die Menschen hatten Angst vor dem, was er sagte, verstanden ihn nicht. Warum muss er an der Wand hängen? Weil sie ihn so umgebracht haben. Sterb ich auch so? Nein, die meisten Menschen sterben im Bett. Lange Pause. Mama, ich will nicht, dass mein Bett an der Wand hängt, wenn ich sterbe.
Es war die hinreißende Zeit, in der Kinder anfangen, die Dinge selbst zu denken. Mein Kind versuchte das mit Jesus, dem Baby in der Krippe und Jesus, dem Ermordeten an der Wand zu verstehen. Verflixt anspruchsvoll. Nichts weniger als die großen christlichen Fragen mal eben auf den Punkt gebracht.
Dieses Fragen hört nie auf. Unzählige hat es seit damals von ihnen gegeben. Viele schmecken so bittersüß, dass wir nicht wissen, ob wir lachen oder weinen sollen. Zum Beispiel, wenn diese Woche der noch sehr kindliche Kleine fragt, warum denn niemand eine Matratze vor die Bergwand gehangen habe, bevor der Pilot dagegen fliegen konnte.
Diese Art von Fragen wachsen mit den Kindern. Solange, bis sie verstehen können, dass es keine Antwort gibt. Jedenfalls keine, die der Verstand verstehen kann.
Und die Antwort, die unser Herz gibt und mit der der Verstand doch einverstanden sein kann – die kann nur jeder selber finden.
Auch die eigenen Kinder.