Überraschende Überraschungen

Kleine Gesten, große Freude

Mein Zug von Köln nach Hause fährt nur einmal die Stunde. Als die Arbeit fertig ist, ist er gerade losgefahren. Ich habe Zeit, meine Emails zu checken und finde auf meiner privaten Onlinemailbox einen neuen Anruf.

Kerzen auf einer Geburtstagstorte / © Nito (shutterstock)
Kerzen auf einer Geburtstagstorte / © Nito ( shutterstock )

Eine ungekannte Nummer aus meiner Heimat – wer kann das sein? Überraschung: ein domradio Hörer fragt nach einer Sendung Menschen. Bis der Zug fährt, denke ich, schaffe ich es, rasch zurückzurufen.

Der sehr freundliche, ältere Herr kennt sich, was Technik angeht, gut aus. Geduldig pariert er all meine gut gemeinten Vorschläge, die Sendung Menschen, die bei ihm nur zu Teilen zu hören war, nachträglich doch noch nachhören zu können.

In der Tat: ohne Internet geht downloaden oder nachhören nicht, ohne Computer mit USB-Anschluss hilft die Sendung auf Stick nicht weiter. Und ohne mp3fähigen CD-player wird es auch nicht leichter.  Eine gute alte CD müsste es also sein.

Meine wunderbaren Kollegen in der Technik wissen Rat, ich gebe eine solche CD in Auftrag. Und nehme mir vor, da der Hörer ja quasi an meinem Nachhauseweg wohnt, zu überraschen.

Menschen zu überraschen, das habe ich mir in den letzten Jahren versucht anzugewöhnen: Angefangen hat es mit einer Kassiererin im Supermarkt. Gerade als diese mich bat, ein „diese Kasse ist geschlossen“ Schild aufs Laufband zu legen, kommt eine Kollegin, erklärt, die Pause verschiebe sich. Die Kassiererin seufzt enttäuscht, sie habe sich so auf einen Kaffee gefreut.

Ich zahle und bestelle beim Bäcker in diesem Supermarkt einen Milchkaffee, lasse einen kleinen Martinswecken hinzulegen, gehe mit dem Tablett zur Kasse zurück. Die Kassiererin braucht einen Moment. Aber als sie versteht, dass ich ihr ihre Pause an die Kasse bringe, leuchtet sie vor lauter Freude.

Von da an, habe ich mehr Mut, Dinge, die ich sonst vielleicht nur denken würde, auch zu tun. Jemand fragt in einem Zeitungsladen nach Briefmarken. Der Laden hat keine, aber ich eigentlich immer. Eine davon geht jetzt auf eine Reise nach Berlin. Die kleine Geste ist nicht der Rede wert, die überraschte Freude in den Gesichtern von Vater und Sohnekind schon.

Die CD für den Hörer ist fertig und liegt ein paar Tage auf meinem Schreibtisch herum, muss warten, bis ich die Zeit finde, in den Nachbarort zu kommen. Als ich endlich vor seiner Türe stehe, öffnet mir ein wirklich sehr überraschter alter Herr: woher ich denn wisse, dass er heute Geburtstag habe?

 

Erstsendung: 22.09.2019