Hilfe! Ich habe Kitsch geheiratet

Goldene Elefanten

Es ist blau. Es ist weiß. Und golden noch dazu: unser weißblaugoldenes Porzellandrachenschiff. Darauf: musizierende Elefanten. Trötend und geigend kommen sie hinter einem grinsenden Drachen daher gefahren. Mein Mann liebt dieses Schiff. Leider. Meine Augen entdecken nur: Kitsch. Abgrundtiefhässlichen.

Goldene Elefanten / © Angela Krumpen
Goldene Elefanten / © Angela Krumpen

Die Elefanten sind kein Erbstück. Kein romantisches Geschenk. Sie sind nicht mal beim Schrottwichteln übrig geblieben. Sie sind einfach nur ein schnödes Werbegeschenk. Ohne jeden emotionalen Wert.

Dafür schmerzen meine Augen jedes Mal, sobald die Elefanten weißblaugolden vor meiner Netzhaut gleißen. Falls ich erblinde bevor das Jahr auch nur einen Vollmond gesehen hat und ich meine Kolumnen demnächst diktieren muss, steht mein Mann kaum zum Diktat bereit.

Außerdem, was mache ich, falls jemand Fremdes zu Besuch kommt? Der muss denken: wer weißblaugoldene Elefanten im Regal stehen hat, hört auch Heintje, schaut die Schwarzwaldklinik und hat im Schlafzimmer eine Fototapete an der Wand. Schnappatmung ist in solchen Fällen naheliegend. Aber leider auch keine Lösung.

Schreckliche Erinnerungen werden wach. Ein frühes Date mit meinem Mann. Ich kam aus einer Sendung. Hatte die Toten Hosen zu Gast. Die damals ihre Tournee mit einem Lebkuchenherz mit Totenkopf bewarben und mir als Moderatorin genau solch ein Teil um den Hals hängten. Ich kannte meinen Mann noch nicht lange.

Aber lange genug, um zu wissen, dass Totenköpfe und Rosen prima für ihn zusammen gingen. Vielleicht kam da ein Lebkuchenherz der Toten Hosen gerade recht? Wir trafen uns beim Mexikaner. Mein Mann hing sich das Herz sofort um den Hals. Auf meinem erschienen hektische Flecken.

Weil, das Lebkuchenherz baumelte jetzt über einem Totenkopfshirt voller roter Rosen. Die Beine darunter steckten in einer grasgrünen Stoffhose. Auf dem Kopf thronte eine Baseca p. Über der sich, (nein, ich übertreibe nicht), ein regenbogenfarbener Propeller auf einem bunten Perlendraht drehte.

Das Essen überstand ich. Irgendwie. Auf dem Heimweg allerdings habe ich den Gehsteig auf der gegenüberliegenden Seite vorgezogen.  

Sie meinen, nach über 20 Jahren mit meinem Mann, sollte ich ihn allmählich mal kennen? Außerdem seien goldene Musikelefanten auf Drachenschiffen ein Klacks gegen Propeller auf Basecaps? Bestimmt haben Sie Recht.

Von den Mülltonnen gellt ein Schrei herüber. Wahrscheinlich hat mein Mann die Elefanten gefunden. Dabei hatte ich sie extra im Biomüll versenkt.

Schönen Sonntag, ich gehe besser verhandeln: Asyl auf dem Blumenregal im Garten. Und eine Asyl-Obergrenze für Kitsch.

Mein letztes Angebot.