Alles hat seine Zeit

Goldenes Licht

"Ich wünsche einen goldenen Oktober", schreibt der Journalistenkollege am Ende seines Newsletters. Eine Premiere. Noch nie hat mir jemand einen goldenen Oktober gewünscht!

 (DR)

Der Wunsch lässt mich lächeln. Vom Laptop schaue ich in den Garten. Nun, die Eichen sind noch fast ganz grün, aber im Sonnenlicht leuchten auch die grünen Blätter goldener als sonst zurück.

Am Wochenende habe ich einer jungen Syrerin vom Niederrhein beim Umzug zum Studium nach Marburg geholfen. Von den grauen Lärmschutzwänden an der Autobahn  hängen hunderte Weinranken. In der vielen Herbstsonne leuchten sie glutrot. Wir fahren durch Sauerlandwälder, lauschige hessische Dörfer bis zu den Tälern der Lahn. Und ja, überall tauchen gelb-orange-goldene Laubbäume die Landschaft in goldenes Licht.

Was passiert hier eigentlich, genau, will ich wissen? Wetterlexikon.de schreibt: "Als Goldener Oktober werden Oktobermonate bezeichnet, die besonders viel Sonne aufweisen. Durch die starke Sonneneinstrahlung kommt es zu einer noch intensiveren Verfärbung der Blätter. Diese besitzen anschließend einen rot-goldenen Ton, welcher besonders charakteristisch für einen Goldenen Oktober ist. Der Himmel weist bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang ebenfalls eine rötlich-goldene Färbung auf, die genauso typisch für den Goldenen Oktober ist."

Okay, also "besonders viel Sonne" kann dieser Oktober 2018 bisher wirklich vorzeigen. Vielleicht stecken wir also mitten in einem besonders goldenen Oktober.

Ich staune. Über das viele Gold. Und über meine Reaktion. Denn die ist ziemlich undankbar: immer mal wieder erwische ich mich dabei, dass ich erst beim vierten oder fünften Blick mitbekomme, dass wir, schon wieder schönes Wetter habe. Ich laufe Gefahr die Sonne, weil sie so viel und so oft scheint, zu übersehen!

Wenn ich das merke, schimpfe ich mit mir. Gründlich. Wenn ich kann, laufe ich zur "Strafe" und um mir das „zu schnell gewöhnen“, abzugewöhnen,  eine Extrarunde ins nahegelegene Wäldchen, lasse Jella von der Leine und suche meinen Lieblingsbaum. Der Baum gibt mir rundherum Platz. So kann ich ihr, ganz gleich wie die Sonne steht, mein Gesicht entgegen halten. Und immer neue golden leuchtende Blätterkaskaden entdecken.

Denn - ganz egal, wie golden dieser Oktober ist oder wird: er wird zu Ende gehen. Dann kommt der November, auch die goldenen und glutroten Blätter werden braun und faulig.

Alles hat seine Zeit. Die grauen Novembernebel und die kahlen Bäume kommen wie das Amen in der Kirche.

Golden leuchtet es nur: jetzt.