oder: der Stoff aus dem Weihnachten ist

Eine handvoll Weihnachtslicht

Es war in der achten Klasse. Im Deutschunterricht lernten wir, Kurzgeschichten zu interpretieren. In der Arbeit lag "Die drei dunklen Könige" von Wolfgang Borchert vor mir. Atemlos habe ich erst gelesen. Dann geschrieben. Klassenarbeit hin – oder her: nichts weniger als der Geist der Weihnacht hatte mich erfasst.

Wolfgang Borchert - Uraufführung Draußen vor der Tür / © s/a
Wolfgang Borchert - Uraufführung Draußen vor der Tür / © s/a

Das ging natürlich nur, weil Wolfgang Borchert es so meisterlich in ganz wenigen Zeilen einfing, worum es an Weihnachten geht.

Wie es vor ihm und nach ihm so viele andere Künstler und Schriftsteller versucht haben. Zu allen Zeiten und überall wird der Stoff, aus dem Weihnachten ist, in neue Geschichten gewoben. Aber wann gelingt es?

Wenn ich mir die endlosen Berge von Weihnachtsfilmen, Weihnachtskrimis und Weihnachtsgeschichten aller Genres in den Buchhandlungen ansehe, gelingt es nicht immer: Kerzen, Katzen und Kaminfeuer auf den Covern sind kein Garant. Wenn es ganz schlecht läuft, trägt man statt des Geistes der Weihnacht, nur sentimentalen Weihnachtskitsch nach Hause.

Für den, für sentimentalen Weihnachtskitsch, hat Wolfgang Borchert in seiner Erzählung mitten in der nackten Not nach dem Krieg keinen Platz.

Es ist Weihnachten. Ein Kind ist geboren. Sein Vater sucht Holz. "Er tappte durch die dunkle Vorstadt. Die Häuser standen abgebrochen gegen den Himmel. Der Mond fehlte, und das Pflaster war erschrocken über den späten Schritt. (…) Durch die dunkle Vorstadt tappte er zurück. Sterne waren nicht da."

Kein Mond, keine Sterne, kein Licht. Nur drei Kriegsheimkehrer kommen vorbei. Schwerst gezeichnet von den Gemetzeln. Drei dunkle Könige eben. Die drei erschrecken das Kind. Deswegen ziehen sie weiter. "Schöne Heilige", brummt der Vater des Neugeborenen. Dabei hatten die drei dunklen Könige doch nur ans Tageslicht gebracht, was wirklich passiert war: Das Leben hatte, trotz allem, gesiegt. Das Baby schrie. Also würde es leben. Also siegt die Hoffnung. Nicht der Tod.

Darum geht es an Weihnachten. Darum, dass es immer Hoffnung auf neues Leben gibt. Aber nicht irgendeines. Sondern Leben, das diesen Namen verdient. In der achten Klasse, mitten in einer Klassenarbeit, haben mir die drei dunklen Könige Weihnachten so erklärt, dass ich es nie wieder vergessen konnte. Auch nicht, wie die Geschichte endete: "Heute ist ja auch Weihnachten, sagte die Frau. (…) und vom Ofen her fiel eine Handvoll Licht auf das kleine schlafende Gesicht."

Eine handvoll Weihnachtslicht. Das wünsche ich Ihnen heute von Herzen.