die helle Hälfte der Wirklichkeit

Es ist nicht alles zum heulen

Schon wieder hängt der Himmel auf der Erde. Irgendwann werde ich mir Fotos anschauen müssen, um zu wissen, dass der Niederrheinhimmel auch anders als graunass sein kann.

 (DR)

Der graue Himmel macht meine Gedanken grau. Dabei sind die eigentlich auf der Suche nach einem kleinen Wunder oder wenigstens einem kleinen leuchtenden Moment aus den letzten Tagen: ich suche eine Geschichte für die WunderBar.

Eine lange Weile lang prüfe ich gefühlte 99 Ideen. Aber keine leuchtet hell, keine will aufgeschrieben werden. Tja, graue Gedanken schreiben eher graue Kolumnen.

Irgendwann gebe ich auf, wende mich den Dingen zu, die heute auch erledigt werden müssen:

Eine Aufgabe zwingt mich zu recherchieren. Und dabei finde ein Interview, das der Journalist, Theologe und Philosoph Christian Modehn mit Rupert Neudeck geführt hat.  Darin sagt der Gründer der Cap Anamur und  Menschenrechtsaktivist:

"Ich denke, dass es nicht stimmt, dass alles auf der Welt zum heulen ist und kaputt geht. Das ist nur eine Hälfte der Realität. Es gibt eine andere, in der uns was gelingt, in der Solidarität gelingt, in kleinen Einheiten, in Kommunen, Gemeinden Dinge passieren, die großartig sind."

Stimmt. Wo Solidarität gelingt, können großartige Dinge passieren.

Das sind mal eine Bürgerinitiative, die ein Krankenhaus vor der Schließung bewahrt, mal ist es der gemeinsame Einsatz für einen geflüchteten Jugendlichen, der dann doch weiter zur Schule gehen kann. Und mal sind es einfach eine Handvoll Fremder, die in einem Bahnwaggon einer plötzlich kollabierenden alten Dame helfen, als wären sie seit immer schon ein Team. Was all diesen Geschichten gemeinsam ist? Am Ende schauen sich alle mit leuchtenden Augen an und staunen, was geht, wenn Menschen sich solidarisieren.

Aber Rupert Neudeck hat seine Gedanken noch weiter gedacht, er fährt fort: "Diese Geschichten vom Gelingen, die brauchen wir, um uns nicht immer wieder zu verzehren im Wortsinn."

ja, das glaube ich auch. Ich glaube, dass wir uns viel, viel zu oft die dunkle Hälfte und viel, viel zu selten die helle Hälfte der Wirklichkeit erzählen.

Und ich meine ausdrücklich nicht, dass wir die dunkle Seite weglassen sollen. Aber die helle genauso wichtig nehmen - das wäre ein Anfang.

Übrigens, Sie können es glauben oder lassen. Aber Tatsache ist: jetzt scheint die Sonne vom Niederrheinhimmel.