Die Entdeckung der Briefkunst II

Love, Henri

Love, Henri. Nur zwei kupferfarbene Worte sind stilvoll in den schwarzen Buchdeckel eingeprägt. Hinter dem sich eine Sammlung von 200 Liebesbriefen versteckt.

Ein Brief per Hand geschrieben / © Tobias Hase (dpa)
Ein Brief per Hand geschrieben / © Tobias Hase ( dpa )

Aber Love, Henri ist kein romantischer Roman in Briefform. Love, Henri ist eine zu Herzen gehende Sammlung von Briefen, die der moderne Mystiker, Priester, Psychologe und Schriftsteller Henri Nouwen zu Lebzeiten geschrieben hat.

Vor Jahren habe ich "Ich hörte auf die Stille" von ihm gelesen. In diesem Buch erzählt Henri Nouwen von seiner Zeit in einem Trappistenkloster. Die Stille, auf die er dort hörte, hat ihn, den Professor in Harvard, weggeführt aus einem Leben unter großen Geistern. Und als geistlichen Leiter hingeführt zur Arche, einer Lebensgemeinschaft für Menschen mit und ohne Behinderung. Henri Nouwen, der in Yale geforscht und in Lateinamerika mit den Ärmsten gelebt hat, fand hier nach Jahrzehnten der Suche endlich ein Zuhause.

In all den Jahren, überall wo er war, hat Henri Nouwen Briefe geschrieben. Es sind Briefe an Fremde und Briefe an Freunde. An Menschen, die er lange begleitet und solche die gerade einmal  eines seiner vielen Bücher gelesen haben. Henri Nouwen schreibt an Eheleute und Priesterkollegen, an junge und an alte, an Kranke und Verzweifelte und an solche, die das Glück, das das Leben ihnen gerade beschert kaum fassen können.

Tausende solcher Briefe gibt es, zweihundert sind jetzt veröffentlicht. In jedem dankt Henri Nouwen dem Adressaten ausführlich und sehr konkret. In jedem spricht er von Gott und Jesus und davon, wie sie zum Zentrum des Lebens werden können und dadurch alles andere verändern.

Immer ist Henri Nouwen zugewandt und zugeneigt. Fast immer bietet Henri Nouwen seine Erfahrungen an, erzählt von seinen Wunden und Kämpfen, hellen und dunklen Stunden.

Briefeschreiben  ist eine Kunst und Henri Nouwen ein wahrer Meister unter den Briefkünstlern. Seine Worte sind echt, seine Antworten mit seinem Leben bezeugt. Er verhehlt weder seine Verletzungen, noch seine tiefe Liebe zu den Menschen.

Ich habe Briefen schon immer viel zugetraut. Die Tiefe der Liebe in diesen Briefen aber beeindruckt - und berührt mich. Wenn er noch lebte, würde ich Henri Nouwen gewisslich einen Brief zu seinen Briefen schreiben. So bleibt mir nur, eine kleine Postkarte an den Himmel zu schicken: Danke lieber Henri.

Love, Angela


Einziges deutsches Trappistenkloster: Abtei Mariawald in der Eifel  / © Wolfgang Radtke (KNA)
Einziges deutsches Trappistenkloster: Abtei Mariawald in der Eifel / © Wolfgang Radtke ( KNA )