Eine grausame Strophe im Lied der Gerechtigkeit

Der Pfarrer und die Wegwerfmenschen

„Moderner Sklavenhandel“. Dieses Plakat, vor einer Schlachterei von Pfarrer Peter Kossen in die Kameras gehalten, ging im Mai durch die Medien.

Pfarrer Peter Kossen / © Privat (DR)
Pfarrer Peter Kossen / © Privat ( DR )

Das Medieninteresse an dem streitbaren Pfarrer war groß. Die Missstände, die Peter Kossen anklagt, sind grausam. Ich kann es nicht anders sagen. Aber: Sklaverei? Wegwerfmenschen? Wirklich jetzt?

Klar, das gibt es, leider. In Katar, Russland oder Teilen Afrikas. Und was weiß ich, überall da, wo es auch noch organisierten Menschenhandel und menschenunwürdige Massenunterkünfte gibt. Aber in Deutschland? Sklaverei?

Ja, sagt Peter Kossen. So sei es. Und erzählt, was er seit Jahren erzählt: Dass Menschen aus Osteuropa 100 Stunden im Monat mehr als normal arbeiten, weit unter Mindestlohn verdienen und von ihrem Hungerlohn auch noch einen Platz in einer Massenunterkunft bezahlen müssen.

Peter Kossen kennt die Menschen, weiß um ihre unglaublich harte Arbeit: nachts müssen z.B. Tiere „ausgestallt“ werden. D.h. Männer verladen schwere, schlachtreife und sich heftig wehrende Tiere in LKWs. Natürlich verletzten sie sich dabei.

So eine Arbeit halten auch die kräftigsten jungen Männer nicht ewig aus. Lassen sie sich aber krankschreiben, dann gehe es ihnen wie Frauen, die schwanger werden: am nächsten Tag sind sie arbeitslos.

Und obdachlos auch noch. Weil der Arbeitgeber auch der Vermieter der Massenunterkunft ist.

Ich sag ja, es ist grausam. Noch grausamer aber finde ich, dass Peter Kossen kaum Gehör findet. Normalerweise. Denn Peter Kossen sagt schon seit Jahren, was er über die „Wegwerfmenschen“ zu sagen hat.

Aber erst in Zeiten von Corona bekommt Kossen mit seinen Sklaverei-Plakaten vor einem Schlachthof Medieninteresse.

Weil wir uns anstecken können. Wie zynisch ist das denn?

Peter Kossen aber findet es wichtiger, dass ihm Menschen zuhören, als warum sie es tun. Insofern freut er sich über das Medieninteresse.

Ich freue mich auch. Über den mutigen Pfarrer, der geköpfte Kaninchen vor seiner Haustüre aushält. Nur weil er eine Wahrheit ausspricht, die die Fleischlobby nicht hören will.

Und ich freue mich, dass Peter Kossen als Gast in meiner Sendung Menschen zugesagt hat. In der Peter Kossen die NGG, die Gewerkschaft für Nahrung und Genussmittel, zitiert. Mindestlohn im Schlachthof heiße für den Kilopreis! im Supermarkt gerade mal einen Unterschied im einstelligen! Centbereich.

Peter Kossen hat einen Verein gegründet: „Aktion und Würde“.

Wunderbarerweise kann da jeder mitmachen.