Abraham Keita. Ein Kind gibt nicht auf

Es ist egal, woher jemand kommt

"Auch wenn ich aus dem vergessensten Slum der Welt komme, weiß ich, dass ich etwas bewirken kann. Weil ich im Slum lebe. Aber das Slum nicht in mir." Starke Worte.

 (DR)

Von Abraham Keita. 17 Jahre und Preisträger des internationalen Kinder-Friedenspreises. Geboren mitten im brutalen Bürgerkrieg in Liberia in Westpoint, dem größten, dem schlimmsten Slum Liberias.

Er ist fünf als sein Vater, Fahrer für eine Hilfsorganisation, ermordet wird. Er ist neun, als er von der Vergewaltigung und Ermordung einer 13jährigen hörte.  "Ich kannte sie nicht. Aber es hätte auch meine Schwester sein können", sagt er. Fängt an zu kämpfen und hört nicht mehr auf: organisiert Protestmärsche, Petitionen und Hilfsprojekte für Kinder im Slum.

Und dann wird  Shaki, 16 Jahre alt, vom liberianischen Militär erschossen, während er friedlich und unbewaffnet für Essen demonstriert. Abraham Keita vervielfacht seine Anstrengungen. Jedes Kind in Liberia und in der ganzen Welt, soll seine Rechte kennen. Kein Kind soll Unrecht, Gewalt, Hunger leiden. Unermüdlich setzt sich Keita ein. Initiiert eine Stiftung. "Afrikas Kindern Hoffnung geben."

Durch Zufall entdecke ich Abraham Keita, schaue mir Videos von ihm auf youtube an: wie er im Slum, schon den Kleinsten, mit allem Nachdruck vermittelt: "Ihr habt ein Recht zu leben!"

Ich staune: Wie kann das sein? Wie nur kann ein Kind, geboren in einem Slum, umgeben von Hass und Gewalt und Unrecht, solche Worte sagen. Und leben. Wie?

Unwillkürlich muss ich an die Beschwerde eines Philosophielehrers denken. Es ging um Praktika für 15jährige. Viele Kids kämen zu spät oder gingen gleich gar nicht hin. Er müsse dann allen hinterher telefonieren. Dabei könne er sie verstehen, Quatsch sei das mit den Praktika.

Ich argumentiere, gerade weil die Kids hier alles haben, Essen, Bildung, Freiheit, wie wichtig der Kontakt zum wahren Leben sei. Der Philosophielehrer kontert, will mich provozieren: "Sollen wir etwa alle Kinder einmal nach Afrika ins Slum stecken?"

Warum nicht? Warum sollten unsere Kinder nicht mal ein Slum mit ihren Augen sehen, mit ihrer Nase riechen? Sie müssen ja keine Kinderrechtsaktivisten werden. Aber sie sollten ein Praktikum zu schätzen wissen.

Und sie sollten wissen, dass es Kinder wie Abraham Keita gibt. Der aus dem Slum kommt. Aber es nicht in sich trägt.