Wort des Bischofs

Unser täglich Brot ...

"Unser täglich Brot gib uns heute." Dafür beten wir. Aber unser tägliches Brot landet heute Abend für Abend im Müll. Jedes fünfte Brot oder Brötchen wird weggeworfen - das sind über 500.000 Tonnen Brot im Jahr. Kardinal Woelki appelliert in seinem Wort des Bischofs für einen verantwortungsvollen Umgang mit Lebensmitteln.

Kardinal Woelki / © dr (dpa)
Kardinal Woelki / © dr ( dpa )

Wenn meine Mutter für uns früher ein neues Brot anschnitt, dann ritzte sie zumeist ein kleines Kreuz in das Brot. Dieses Zeichen erinnerte uns daran, dass Brot für uns mehr als nur ein Nahrungsmittel war. Brot - das steht und stand immer schon für Leben. Jesus wurde in Bethlehem geboren - Bethlehem - übersetzt heißt das: Das Haus des Brotes. Bei uns vielleicht Brothausen. Aber ob wir heute das Brot noch als Geschenk Gottes - als Zeichen für das Leben verstehen?

Unser tägliches Brot gib uns heute - beten wir. Aber unser tägliches Brot landet heute Abend für Abend im Müll. Jedes fünfte Brot oder Brötchen wird weggeworfen. Weil wir Kunden täglich frisches Brot verlangen. Weit über 60 Brotsorten und 30 Brötchensorten kommen heute auf unseren Tisch. Natürlich erwarten wir Kunden auch am Abend noch das breite Brotsortiment zur Auswahl. Über 500.000 Tonnen Brot werden so  bei uns in Deutschland pro Jahr weggeworfen. Brot wird Viehfutter, landet auf dem Kompost oder wird verbrannt, weil es einen Heizwert wie Holz hat. Wie soll man da heute Kindern beibringen, dass Brot nicht in die Mülltonne gehört, wenn gleichzeitig der Landwirt mit seinem Frontlader tonnenweise Brot vom Vortage in seine Biogasanlage kippt?

Vielleicht ist die Fastenzeit eine gute Gelegenheit, uns daran zu erinnern, dass Brot für viele auch heute längst nicht selbstverständlich ist. Auch bei uns durchwühlen Menschen die Straßenmülleimer. Ich weiß nicht, ob es hilft, ein kleines Kreuz in jedes neue Brot zu ritzen, aber meine Mutter wusste auf jeden Fall noch, dass Brot immer auch Leben und Segen bedeutete. Dafür war sie dem Himmel dankbar.

Ihr

Rainer Woelki
Erzbischof von Köln