"Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass dir's wohl ergehe und du lange lebest auf Erden…"
So wurde das vierte Gebot zu meiner Schulzeit noch auswendig gelernt. Aber heute leben zunächst mal die eigenen Eltern immer länger. Denn Gott sei Dank ist die durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen und Männer in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen. Doch das Leben im Alter ist meist beschwerlich und von Krankheiten durchwebt. Vater und Mutter zu ehren ist dann für die Kinder oft eine echte Herkulesaufgabe – eine enorme Anstrengung und Herausforderung. Die eigenen Eltern müssen versorgt, betreut und oft jahrelang gepflegt werden. Das alles kostet enorm viel Zeit. Zeit, die ohnehin heute keiner mehr hat. Zeit, die man vielleicht noch für die Unterstützung der eigenen Kinder oder im Beruf so dringend selber benötigt.
Natürlich gibt es professionelle Hilfe in unseren Alten- und Pflegeheimen. Doch nicht nur die Profis helfen vorbildlich.
Ich bewundere immer wieder neu, wie viele Menschen ihren alten und oft kranken Eltern helfen, sie pflegen und einfach für sie da sind. Unsere Gesellschaft übersieht das oft – und honoriert wird es meist gar nicht oder völlig unzureichend. Daher möchte ich heute mal klar und deutlich DANKE sagen. Danke für den unermüdlichen Einsatz, den Kinder und Schwiegerkinder Tag für Tag und Nacht für Nacht leisten, damit ihre Eltern auch im Alter ihren Lebensweg noch meistern können. Überall da, wo Eltern so aufopferungsvoll geehrt werden, da ist das Reich Gottes schon mitten unter uns.
Ihr
Rainer Woelki
Erzbischof von Köln
