Wort des Bischofs

Wer betet, ist nicht allein

Der Lockdown geht in die Verlängerung. Weiß bedeutet das für all jene Menschen, die einsam und allein sind? Kardinal Woelki spendet Trost - auch er ist betroffen ...

 (DR)

Der Lockdown geht in die Verlängerung. Wenn wir ehrlich sind, wissen wir noch nicht, wann er wirklich enden wird. Eine haushaltsfremde Person dürfen wir im Moment treffen. Eben, damit alleinstehende Menschen nicht ganz vereinsamen. Jeder fünfte lebt in Deutschland allein. Ich auch. Wer von uns an Corona erkrankt oder auch nur als Kontaktperson in Quarantäne geschickt wird, um den wird es noch einsamer. Das kann zu einer großen Belastung werden.

Das kann uns Ansporn sein, uns um andere zu kümmern. Rufen wir einfach mal jemanden an, von dem wir wissen: er ist allein, ihm macht die Situation gerade besonders zu schaffen.

Und wenn es uns selber trifft? Da kann es vielleicht helfen, den Tag gut zu strukturieren. Und es kann helfen, sich bewusst zu machen: wir sind nie allein. Gott ist immer bei uns. Mit Ihm und mit den Heiligen können wir immer reden. Im großen geistlichen Erfahrungsschatz der Kirche gibt es das Stundengebet, das das verbindet. Es strukturiert den Tag, und es hilft, mit Gott zu reden. Das Stundegebet geht unter anderem auf Mönchsgemeinschaften aus der frühen Kirche zurück. Damals gab es Menschen, die das Alleinsein zelebrierten und sich darin einübten. Sie ließen sich sogar einmauern – wie etwa der heilige Simeon von Trier. Oder sie gingen allein in die Wüste – wie der heilige Antonius, dessen Lebensbeschreibung berühmt wurde und viele inspirierte.

Auch heute beten Ordensleute, Priester und viele andere das Stundengebet. Auch ich tue es. Es gibt sogar extra Apps dafür. Und auch wenn ich allein bete, weiß ich: ich bin nicht allein. Mit mir beten täglich Hunderttausende von Menschen über den Erdball verteilt. Wir sind eine große Gemeinschaft von Betenden. Wenn Sie möchten, probieren Sie es doch einfach mal mit uns gemeinsam aus. Mich würde es freuen, wenn gerade Sie mit dabei wären. Und unser Kreis von Betern würde größer und größer.

Ihr
Rainer Woelki
Erzbischof von Köln