Wort des Bischofs

Tauet Himmel den Gerechten

Nur noch wenige Tage bis Weihnachten – Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki lenkt den Blick auf eines unserer ältesten Adventslieder: "Tauet Himmel den Gerechten", das Hoffnungslied ist mit seiner Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit heute aktueller denn je.

 (DR)

"`Tauet Himmel den Gerechten, Wolken regnet ihn herab`, rief das Volk in bangen Nächten", so heißt es in einem unserer ältesten Adventslieder. Bange Nächte, die gab es damals wie heute. Nächte voller Angst vor Krieg und Terror, vor Hunger und Not. Bange, schlaflose Nächte, in denen Eltern keinen Schlaf finden, weil sie sich um ihre Kinder sorgen. Oder grausam lange Nächte, die Schwerkranke durchleiden, ohne zu wissen, ob sie den nächsten Tag überhaupt erleben werden.

Christen setzen diesen dunklen Nächten ihre Hoffnung entgegen. Ihr Hoffnungslied gegen die Angst des Todes ist weit mehr als das Pfeifen im dunklen Wald. Es ist diese tiefe Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit schon hier auf Erden. Seit Jahrtausenden kommt diese Sehnsucht in dem Lied "Tauet Himmel den Gerechten" zum Ausdruck. Der Text geht zurück auf die Verheißungen des Propheten Jesaja, der schon im Alten Testament ausrief: "Taut, ihr Himmel, von oben, ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit regnen!" Später wurde diese Gerechtigkeit auf Jesus den Retter, den Gerechten gedeutet. Aber im hebräischen Original ist wirklich von der Gerechtigkeit die Rede, die sich das Volk wie Regen in dürren Zeiten vom Himmel herbeisehnt. Auch wir kennen heute diese trostlose Dürre – Ungerechtigkeit, die zum Himmel schreit: Es schreit zum Himmel, wenn auf der einen Seite hungernde Mütter nicht wissen, was sie ihren weinenden Kindern zu Essen geben sollen und auf der anderen Seite Wohlstandsbürger ihren Hals nicht voll genug kriegen und Lebensmittel sogar wegschmeißen. Ja, es schreit zum Himmel, wenn Tag für Tag grausame Waffen tausendfach den Tod bringen und auf der anderen Seite Waffenproduzenten und Rüstungshändler mit diesem Tod der Menschen ihre Geschäfte machen und dazu beitragen, dass unsere Steuereinnahmen und damit das Gemeinwohl hier steigen. Ja, und es schreit zum Himmel, wenn über Nacht Milliarden für die Rettung von Banken bereitgestellt werden, während um die dringend notwendigen Gelder für Notleidende und Entwicklungshilfe jahrelang nur geschachert wird.

Wir Christen setzten damals und setzen heute unsere Hoffnung auf Gott. Gerade jetzt im Advent und in dunklen Zeiten heißt unser Hoffnungsträger Jesus Christus, das Licht der Welt. Wir erwarten die Geburt Jesu des Retters, der für alle Menschen da ist. Der Friedensfürst – der für Recht und Gerechtigkeit sorgt. "Tauet Himmel den Gerechten, Wolken regnet ihn herab, rief das Volk in bangen Nächten, dem Gott die Verheißung gab… Nichts soll uns von ihm trennen, den wir unseren Retter nennen. Ja, Herr komm´, kehr bei uns ein! Nahe lass Dein Heil uns sein."

In dieser urchristlichen Hoffnung grüßt Sie

Ihr Rainer Woelki
Erzbischof von Köln