Wort des Bischofs

Wir gehören zusammen!

Antisemitismus in Deutschland: Nicht mit uns! Kardinal Woelki ruft alle Christen zu Mut und viel Zivilcourage auf.

 (DR)

Ich stehe hier vor unserer Kölner Synagoge. Während der Zeit der Nationalsozialisten in der Reichspogromnacht wurde auch in diesem Gotteshaus Feuer gelegt, und wie viele andere Synagogen im Land brannte auch dieses Gebäude völlig aus. Mir ist es sehr wichtig, daran gerade heute zu erinnern. Ich hätte in meiner Jugend niemals daran gedacht, dass man bei uns in Deutschland nach den Ereignissen in dieser schrecklichen Reichspogromnacht und nach dem Holocaust jemals wieder jüdische Einrichtungen und Gebetshäuser schützen muss. Erst jüngst hat der Anschlag auf die Synagoge in Halle aber leider wieder gezeigt, dass es immer noch Menschen gibt, die nichts, aber auch rein gar nichts aus der Geschichte gelernt haben.

Es geht mir nicht nur um die Morde an Juden und die großen Verbrechen gegen jüdische Einrichtungen, die durch die Medien in die Öffentlichkeit kommen. Erschrocken bin ich auch über den ganz alltäglichen Rassismus und Hass auf Religionen in unserem Land. Das fängt mit den üblen Beschimpfungen und Beleidigungen, die wir überall im Internet erleben, an, und das geht bis zur Bedrohung unserer jüdischen Mitbürger, z.B. in einer Straßenbahn. Es darf doch nicht wahr sein, dass Juden in unserer Mitte sich heute schon wieder nicht mehr trauen, ihre Kippa zu tragen! Ich möchte Sie alle ermutigen, hier immer wieder aufzustehen. Klar und deutlich zu sagen: „Mit mir nicht! Nie wieder!“ Ich weiß, das verlangt Mut und viel Zivilcourage – aber gerade wir Deutschen haben da eine nie aufhörende Verantwortung. Besonders wir Christen sind da verantwortlich. Denn Christen und Juden sind durch eine gemeinsame Geschichte und durch den Glauben an den einen Gott miteinander verbunden.

Ihr
Rainer Woelki
Erzbischof von Köln